"Arab News" und die Heuchelei der westlichen Welt
Am 28. Oktober 2005 kommentiert die saudische Zeitung "Arab News" die Erregung der westlichen Welt über die Äußerungen des iranischen Präsidenten. [nicht mehr online]
Diejenigen, die seit 1979 die Politik des Iran verfolgen, können wissen, daß die Vernichtungsdrohungen der iranischen Ayatollahs und Mollahs gegen Israel seit deren Revolution Gewohnheit sind. Damit ersticken sie gleichzeitig innenpolitischen Widerstand der Bartträger und der in schwarze Säcke verbannten Frauen und lenken ab von der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Inkompetenz der herrschenden Ayatollahs. Die europäischen Geschäftspartner des iranischen Regimes, die UNO, beginnend bei deren Generalsekretär Kofi Annan und den Mitgliedern des Sicherheitsrates, die "internationale Staatengemeinschaft" und deren Außenministerien, wissen das seit 1979 und finden nichts Böses dabei.
Nun kommt die saudische Zeitung "Arab News " daher und bezichtigt den empörten Westen der Heuchelei. Recht hat die Zeitung!
Ich erinnere mich noch gut an den Spruch des französischen Botschafters Daniel Bernard [pbuh] über den Staat Israel auf der Party von Barbara Amiel, einer jüdischen, für ihre konsequente Unterstützung Israels bekannten Journalistin, Ehefrau des damaligen Besitzers des Londoner "Telegraph", im Dezember 2001: Was ist das kleine Israel gegen die arabischen Staaten und ihre Reichtümer, "that shitty little country Israel", wobei shitty = beschissen, Scheiß- bedeutet. Selbstverständlich will er die Aussage nicht als antisemitisch und israelfeindlich aufgefaßt wissen, und auch die notorisch israelfeindliche BBC setzt "antisemitisch" in Anführungszeichen. Der Herr Botschafter, ein Vertrauter des Staatspräsidenten Jacques Chirac, ist nicht nur unverschämt, sondern auch dumm, bedenkt man, wo er die Worte spricht, mit denen er den Staat Israel zur Disposition stellt. Sein Auftritt führt nicht etwa dazu, daß vom Quai d'Orsay personelle Konsequenzen gezogen werden, sondern der Herr Botschafter wechselt routinemäßig in das für Frankreich wichtige Land Algerien. Von einem Protest des Londoner Foreign Office hat "Arab News" ebenfalls nichts vernommen.
"Arab News" erinnert daran, daß vor vier Jahren der vom Westen als moderat bezeichnete frühere iranische Präsident Ayatollah Ali-Akbar Hashemi Rafsanjani zur nuklearen Vernichtung Israels aufruft. In der Liste "Iran Calls for the Destruction of Israel", vom November 2003, findet man unter 48 Vernichtungsdrohungen des Iran gegen Israel, unter dem Datum vom 14. Dezember 2000, eine diesbezügliche Äußerung des ehemaligen Präsidenten während einer Freitagspredigt. Sie wird vom iranischen Khabar TV verbreitet. Vielleicht meint "Arab News" diese:
"Wenn eines Tages, eines sicherlich sehr wichtigen Tages, die islamische Welt ebenfalls mit den Waffen bestückt sein wird, die Israel jetzt zur Verfügung stehen, wird die imperialistische Strategie in eine Sackgasse geraten, weil der Einsatz von nur einer Atombombe innerhalb Israels dieses von der Erdoberfläche auslöschen wird, aber (eine solche Bombe) würde der islamischen Welt nur Schaden zufügen ..."
The Iranian Leadership’s Continuing Declarations of Intent to Destroy Israel 2009 - 2012
By Prof. Joshua Teitelbaum and Lt. Col. (ret.) Michael Segall. Jerusalem Center for Public Affairs
Eine solche Äußerung hat die westeuropäischen und russischen Geschäftspartner des Iran nicht erschaudern lassen. Der Ayatollah erklärt vor aller Welt, daß der Iran an dem Tage, da er im Besitz einer Atombombe ist, Israel auslöschen wird. "Auch die ganze restliche Welt ist doch glücklich gewesen im Wissen darum, daß die meisten Muslime und Araber es vorzögen, wenn Israel nicht existierte. Aber es existiert. Es heißt, die Realität zu akzeptieren," meint "Arab News" dazu und versteht nicht die Aufregung des Westens.
Bis hierher kann man der Häme der "Arab News" folgen und ihr zustimmen. Man wundert sich gar über soviel Klarheit. Dann aber verliert sich der Kommentar in bekannte arabische Märchen, die nichts mehr mit der Realität der Herrschaftsabsichten des Iran zu tun haben. Während eben noch die ganze restliche Welt angeblich glücklich über das Wissen ist, daß "die meisten Muslime und Araber es vorzögen, wenn Israel nicht existierte", soll sie nun Angst haben vor dem Atomprogramm des Iran, das die Zeitung in keinem Zusammenhang mit Israel sieht.
Ahmadinejad’s Original “Wipe Israel off the Map” Speech
In an address to the “World without Zionism” conference held in Tehran on October 26, 2005, Ahmadinejad said: Our dear Imam [Khomeini] ordered that this Jerusalem-occupying regime [Israel] must be erased from the page of time. This was a very wise statement.
"Arab News" erklärt nicht, warum der gesamte Westen gegen die Äußerungen des Mahmud Ahmadinejad protestiert, wenn angeblich allein Washington besorgt ist über das Atomprogramm des Iran.
Deshalb kann sie behaupten, es liege ein logischer Fehler darin anzunehmen, daß die USA und der Westen sich vorstellen könnten, daß ein nuklear aufgerüsteter Iran Israel zerbomben würde. Das entbehre jeder Grundlage. Schon im Irak habe es den Mythos der Massenvernichtungswaffen gegeben. Die Atomprogramme des Irak und des Iran werden von der Zeitung als nicht gegen Israel und den Westen gerichtet dargestellt. Gegen wen dann, wird man fragen, wenn schon im Dezember 2000 Ali-Akbar Hashemi Rafsanjani Israel mit der Bombe droht?
Der Protest des Westens diene vielmehr dazu, darauf vorzubereiten, daß Israel seinerseits, wie schon 1981 geschehen, als Israel das Atomkraftwerk Osirak, bei Bagdad zerbombt, im Auftrag Washingtons ("on Washington's behalf") auch die iranischen Atomproduktionsstätten zerbomben werde.
Das macht allerdings wenig Sinn; denn in dem Falle hätten die USA allein protestiert und die französische Regierung keinesfalls. Aber selbst Rußland, das im Atomprogramm mit dem Iran zusammenarbeitet, wendet sich gegen die Rede des iranischen Präsidenten. Dem widerspricht nicht, daß umgehend von den bekannten "Experten" und Journalisten der interessierten Staaten der EU Beschwichtigungen ausgehen. Ob es sich um Peter Scholl-Latour und Udo Steinbach handelt, um die ARD-Tagesschau und das ZDF-heute, die von "indirekten" Vernichtungsdrohungen künden, obgleich der Redetext des Präsidenten vorliegt, oder ob es sich um die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte "Islam-Expertin der SZ", die Journalistin Dr. Katajun Amirpur handelt, die diesmal in der "Frankfurter Rundschau (FR)", vom 29. Oktober 2005, unter dem Titel "Martialische Normalität. Irans offizieller Anti-Zionismus" ein Forum erhält, wiederum die Aggression des Iran zu verniedlichen:
"Außenpolitisch unerfahren wie er ist, dürfte er nicht geahnt haben, was er auslöst, ja wie empfindlich die internationale Gemeinschaft - zu Recht - auf seine Äußerungen reagiert", und "Dass das iranische Regime tatsächlich daran arbeitet, Israel dem Erdboden gleichzumachen, darf man jedoch bezweifeln," schreibt diese von Henryk M. Broder, am 14. November 2004, für ihre dämlichen Berichte, "Die Mollhs meinen es nicht so", völlig zu Recht zum "Schmock der Woche" gekürte Journalistin verständnisvoll, und die FR druckt das ab.
Iranian President at Tehran Conference: "Very Soon, This Stain of Disgrace [i.e. Israel] Will Vanish from the Center of the Islamic World - and This is Attainable", MEMRI Special Dispatch Series No. 1013, October 28, 2005
[CNN Library, 18. Dezember 2017: Im Dezember 2011 verläßt Khalid Mashal Damaskus, weil die Hamas sich auf die Seite der Gegner des Bashar al-Assad schlägt. Im Februar 2012 zieht er nach Doha/Katar um.]
Der Iran verschafft sich mittels palästinensischer und libanesischer Terrorgruppen
strategischen Einfluß im Nahen Osten
Währenddessen rückt DEBKAfile einiges gerade:
Fat Iranian Cash Contracts for Terrorists to Hit American Troops and Israeli Civilians.
DEBKAfile Special Report, October 29, 2005
Der iranische Präsident sei mitnichten unerfahren. Mahmud Ahmadinejad lasse seinen Reden Taten folgen. Der Iran gehe schon seit längerem gegen Mitglieder der Vereinten Nationen kriegerisch vor. So lägen US-amerikanischen und britischen Geheimdienstkreisen gesicherte Erkenntnisse über die Beteiligung des Iran, ab Mitte September, an den Terrorakten im Irak vor. Israelische Geheimdienste beobachteten zur selben Zeit die zunehmende Verwicklung des Iran in palästinensische Terroraktionen, vor allem in das Selbstmordattentat des Palästinenischen islamischen Djihads (PIJ) in Hadera, am 26. Oktober, dem Tag der Rede des iranischen Präsidenten.
Der PIJ wird in den 70er Jahren von dem Arzt Dr. Fatih Shiqaqi gegründet, einem glühenden Verehrer des Ayatollah Ruhollah Khomeini. Das Ziel des PIJ ist die Vernichtung Israels. Detailliert nachgelesen werden kann darüber in meinem Artikel "Der PIJ, eine Terrororganisation zur Zerstörung des Staates Israel". Genau zehn Jahre vor der Rede des iranischen Präsidenten und dem Attentat in Hadera wird Dr. Fatih Shiqaqi am 26. Oktober 1995 auf Malta getötet, vermutlich durch israelische Agenten.
Der iranische Präsident bestätigt diese Beteiligung des Iran an Aktionen gegen Israel in seiner Rede. Dort kündigt er in Anwesenheit der Hezbollah- und Hamas-Führer eine neue Welle palästinensischer Angriffe zur Vernichtung Israels an. Die islamische Welt sei verpflichtet zum Kampf gegen "die Unterdrücker der Welt", womit unzweifelhaft die USA und ihre Allierten gemeint sind. Sie hätten Israel gegen die islamische Welt gegründet. Wer die Ereignisse der letzten Monate vor der Gründung Israels kennt, kann die Absurdität dieser Behauptung bekunden. Bei der Abstimmung über die UN-Resolution Nr.181, vom 29. November 1947, zur Teilung Restpalästinas und zur Gründung zweier Staaten, eines für die Juden und eines für die Araber, enthalten sich die Briten, und noch im April 1948 wollen die USA die Entscheidung rückgängig machen.
Nach DEBKAfile vorliegenden Erkenntnissen sind iranische Geheimdienstagenten in Zentral- und Westirak tätig, wo sie an sunnitische Terrorgruppen für jeden Terroranschlag gegen US-Truppen Prämien von 60 000 und 80 000 Dollar ausloben. Im Gegensatz zur al-Qaida, die wahllos mordet, bestünden die Iraner darauf, daß nur Amerikaner zu ermorden seien. Im Südirak erhielten pro-iranische schiitische Gruppen vom Iran nur 20 000 bis 30 000 Dollar für die Ermordung von britischen Soldaten. Palästinensische Terrorgruppen erhielten aus dem Iran ca. 50 000 Dollar für jeden erfolgreich durchgeführten Selbstmordanschlag. Für die Anschläge sowohl im Irak als auch in Israel lieferte der Iran die Bomben und operative Technik über die Hezbollah.
"Tod den USA"
"Tod Israel"
DEBKAfile sieht die iranischen Aktionen der letzten Zeit, darunter auch die Hetzrede des Mahmud Ahmadinejad, im Zusammenhang mit dem Herannahen der Sitzung der IAEA in Wien, wo darüber entschieden werden soll, ob der Fall des iranischen Atomprogramms vor den UN-Sicherheitsrat gebracht wird. Wirtschaftssanktionen und Ölembargo könnten für den Iran die Folgen sein. Der Iran wolle aber keinesfalls von seinem Atomprogramm, der Krönung seiner strategischen Erfolge, Abstand nehmen. Deshalb fielen die iranischen Führer zurück in Slogans aus der Zeit der islamischen Revolution des Ayatollahs Khomeini, in den 70er Jahren, mit den bekannten Vernichtungsdrohungen gegen Israel und Beleidigungen gegen die USA und Großbritannien, die dem Iran ihre Errungenschaften streitig machen wollten.
DEBKAfile nennt weitere Ereignisse, die Mahmud Ahmadinejad zu kriegerischer Rhetorik veranlassen könnten:
- Die Kampagne der USA, Großbritanniens und Frankreichs gegen das Assad-Regime. Der syrische Präsident Bashar al-Assad werde somit davor gewarnt, klein beizugeben.
- Die erwartete Entwaffnung der schiitischen Hezbollah, der zweiten Front gegen Israel, durch die libanesische Regierung. Der Iran investiert seit Jahren in diese Terrorgruppe, die vom Iran aus angeleitet werde, gegen ihre Entwaffnung Widerstand zu leisten. Vom Iran geführte Terroranschläge der Hezbollah im Irak, in Israel und in anderen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie in Europa seien zu erwarten.
- Die britische Regierung hat arabischen Separatisten der iranischen Provinz Khuzistan gestattet, in London ein Büro zu eröffnen. Diese Araber arbeiten mit den Briten zusammen und werden im britisch kontrollierten Südirak von irakischem Militär in Sabotagetaktiken ausgebildet. Teheran ist überzeugt, daß die Amerikaner und die Briten dieses Training finanzieren, oder daß sie zumindest davon wissen und es dulden. Deshalb hätten Agenten der Hezbollah an schiitische Zellen in Basra Sprengstoff geliefert, der in der Lage ist, Panzerfahrzeuge der Briten zu durchschlagen.
Was Attentate in anderen Gegenden des Nahen und Mittleren Ostens angeht, so kann man davon ausgehen, daß das letzte große Attentat in Neu Delhi, Indien, am Samstag, den 29. Oktober, von diesen Kreisen befehligt wurde. Es ist weniger wahrscheinlich, daß es von Pakistan ausgeht.
Die Europäer werden bald merken, was es mit der Rede des "unerfahrenen" iranischen Präsidenten auf sich hat. Dann darf man gespannt sein, welche Verrenkungen die Islamexperten und die Journalisten der deutschen Medien machen, um uns die Ereignisse zu erklären, die dank jahrelanger mangelhafter Information wie vom Himmel gefallen anmuten.
30. Oktober 2005