International Crisis Group. Selbstdarstellung

Ein Artikel vom 8. Mai 2001, teilweise aktualisiert am 23. Juli 2008 und 14. Juli 2018

Selbstdarstellung der ICG. Gudrun Eussner, Emperor's Clothes, 8. Mai 2001


Die International Crisis Group (ICG) definiert sich auf ihrer Web Site als eine internationale Nichtprofit-Organisation, die sich der Konfliktverhinderung und -eindämmung widme, und zu diesem Zweck 50 Mitarbeiter auf vier Kontinenten beschäftige. Der ICG-Ansatz verbinde Analyse vor Ort, in konfliktbedrohten Staaten, mit detaillierten Politikempfehlungen und -beurteilungen.

Vorsitzender der ICG ist der frühere finnische Staatschef Martti Ahtisaari, Stellvertretender Vorsitzender das frühere Mitglied des US-Congress Stephen Solarz, und Präsident und Hauptgeschäftsführer ist Gareth Evans, der frühere australische Außenminister. Das 1995 gegründete ICG sei gegenwärtig in einer qualitativen Umbruch- und Expansionsphase.

Offensichtlich wendet sich die ICG jetzt verstärkt dem afrikanischen Kontinent zu, denn sie schreibt für ihr Central Africa Project mehrere sehr gut dotierte Stellen für qualifizierte, erfahrene Analysten aus, die Feldstudien in den Bereichen Sicherheit sowie soziale, politische und wirtschaftliche Bedingungen Zentralafrikas durchführen und konkrete Politikvorschläge zur Implementierung durch lokale und internationale Funktionsträger in der Region und durch politische Entscheidungsträger ausländischer Regierungen ausarbeiten sollen.

Die Folgen der in Afrika intensivierten ICG-Aktivitäten kann man am Beispiel des Wirkens der ICG auf dem Balkan erahnen.

Die Rolle der ICG auf dem Balkan

Auf dem Balkan hat die ICG Büros in Belgrad, Sarajevo, Pristina, Podgorica und Tirana.

Im Aufsichtsgremium der ICG sitzen neben bekannten US-amerikanischen Geschäftsleuten, Politikern und Kriegern, als da sind der US-amerikanische Milliardär und Menschenfreund George Soros, der ehemalige NATO-Oberkommandierende in Europa General Wesley Clark, seinerzeit zuständig für die Bombardierung Jugoslawiens, Louise Arbour, die Vorgängerin der Chefanklägerin des Internationalen Tribunals in Den Haag Carla del Ponte, hochkarätige französische, britische und australische Politiker sowie die beiden deutschen Mitglieder Gernot Erler, außenpolitischer Sprecher der SPD-Franktion im Bundestag, und Volker Rühe, ehemaliger Verteidigungsminister. Die große Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder war direkt und indirekt in den Krieg gegen Jugoslawien verwickelt. Die ICG übertraf die US-Regierung noch in ihrem antiserbischen Eifer, und sie feierte den NATO-Angriff auf Jugoslawien als den Triumph der "Demokratie" über den "Genozid".

Martti Ahtisaari hat die jugoslawische Regierung 1999 beraten, sich der NATO zu ergeben, das Aufsichtsratsmitglied Morton Abramowitz beriet die KLA in den der Bombardierung vorausgehenden Rambouillet-Verhandlungen, General Wesley Clark kommandierte den gegen die Infrastruktur und die Zivilbevölkerung gerichteten Luftkrieg gegen Jugoslawien, und Louise Arbour klagte, im Mai 1999, Milosevic beim TPI an. Der ehemalige britische Politiker Paddy Ashdown soll Ende diesen Jahres das bosnische Protektorat übernehmen, und George Soros gehören die meisten unabhängigen Medien und die Open Society Institute auf dem Balkan.

Im Juni 2000 haben die Kfor-Truppen auf Empfehlung der ICG und mit Hilfe des UN-Kosovo-Beauftragten Bernard Kouchner ("Lackey of the USA") die serbischen Trpca-Minen wegen angeblicher Umweltverschmutzung übernommen und sie an private ausländische Konzerne verschenkt. Die Trpca-Minen bergen Bodenschätze im Werte von ca. 5 Milliarden US-Dollar. Man erinnert sich, daß man in der ARD-Tagesschau die Kfor-Soldaten sah, mit Mullbinden vorm Mund, wie sie gezückten Gewehres das serbische Management der Minen vertrieb. Die Mullbinden dienten dabei der Show, denn bei tatsächlicher Umweltvergiftung hätten sie nichts genützt, sind solche Mullbinden doch zum Schutz von zu operierenden Patienten vor Bakterienbefall durch die operierenden Mediziner und Krankenschwestern gedacht.

Über die zu erwartende Enteignung der Trpca-Minen durch die NATO hat die in Paris lebende US-amerikanische Journalistin Diana Johnston bereits im Februar 2000 ausführlich berichtet. Sie hat auch die für die Übernahme vorgesehenen internationalen Unternehmen benannt. Dieser Diebstahl von Ressourcen ist nachzulesen auf der Site von Jared Israel The Emperor's Clothes.

BND enthüllt die Machenschaften des Martti Ahtisaari. Balkan Forum, 24. Juni 2007

Man erinnert sich weiterhin, daß in den Trpca-Minen angeblich Hunderte von albanischen durch das jugoslawische Militär ermordete Leichen gelagert sein sollten, die dann von einer unabhängigen internationalen Untersuchungsgruppe nicht aufzufinden waren:

Where are the Kosovo Killing Fields? Stratfor, October 17, 1999

Lügen über Bosnien zur Rechtfertigung der Zerstörung Jugoslawiens

Letzte Berichte der ICG

In den gut fünf Jahren ihres Bestehens haben die Mitarbeiter der ICG etwa 140 Berichte veröffentlicht, die immer der Vorbereitung gezielter Einflußnahme der ICG auf das politische und wirtschaftliche Geschehen dienten.

Im März und im April diesen Jahres wurden je zwei Berichte über Mazedonien und Montenegro veröffentlicht, die sowohl die NATO als auch die internationale Gemeinschaft dazu auffordern, dort einzugreifen und die Grenzen im Sinne der ICG auf dem Balkan zu verschieben. Die internationale Gemeinschaft habe die Hinführung des Kosovo zur demokratischen Selbstverwaltung und zur endgültigen Lösung seines Status, dem der Unabhängigkeit von Serbien, verzögert (Bericht, vom 20. März 2001).

Die Behauptung der Regierung, daß die albanische Rebellion vom Kosovo geführt worden wäre, halte nicht stand. Die fehlende Bereitschaft der mazedonischen Regierung und der slawischen Mehrheit, ein Programm wirklicher Integration zu unterstützen, liefere den Hauptbeitrag zum albanischen Aufruhr. In Mazedonien weit verbreitete Korruption, manipulierte Volkszählungspraktiken und fragwürdige Staatsbürgerschaftsanforderungen hätten ebenfalls zu der Krise beigetragen. Die slawische Majorität müsse bereit sein, die Auffassung in Frage zu stellen, daß mazedonische Identität synonym mit der slawischen Bevölkerung ist. (Bericht, vom 5. April 2001)

Montenegro betreffend solle die internationale Gemeinschaft akzeptieren, daß die Föderale Republik Jugoslawien, so wie sie jetzt besteht, nicht tragfähig ist. Die ICG argumentiert, daß der wichtigste Beitrag der westlichen Regierungen sei, eine neutrale Position einzunehmen und eine zwischen Serbien und Montenegro verhandelte Lösung von Statusfragen zu unterstützen, wobei die Analysten der ICG von der demnächst bevorstehenden Abtrennung Montenegros von Jugoslawien und dem damit verbundenen Ende dieses Staates ausgehen. Eine Neuzeichnung der Grenzen berge nur ein geringes Risiko zunehmender Instabilität im Kosovo, in Mazedonien oder Bosnien-Herzegowina. (Bericht, vom 28. März 2001)

Die ICG ersucht (urges!) die eine Unabhängigkeit Montenegros befürwortenden Parteien, nicht versucht zu sein, die montenegrinische Verfassung zu ignorieren, die eine Zweidrittelmehrheit zur Bestätigung eines Wechsels zugunsten der Unabhängigkeit voraussetzt. Genauso entscheidend sei, daß die Pro-Jugoslawien-Parteien fortfahren, sich den politischen Regeln entsprechend zu verhalten, und daß die internationale Gemeinschaft eine neutrale Position einnehme und davon absehe, die OSZE als ein Mittel gegen die Unabhängigkeit einzusetzen. (Bericht, vom 18. April 2001)

Die Ergebnisse der über fünf Jahre von der ICG auf dem Balkan betriebenen Analysen liegen nun zusammengefaßt in einem 350 Seiten starken Balkanbericht vor: After Milosevic: A Practical Agenda for Lasting Balkan Peace. Nach Milosevic: Eine praktische Tagesordnung für dauerhaften Frieden auf dem Balkan.

Den vollständigen Bericht kann man von der ICG Web Site herunterladen. In ihm wird der internationalen Gemeinschaft empfohlen, von Bemühungen abzulassen, die Föderale Republik Jugoslawien zu erhalten, und sie, die internationale Gemeinschaft! sollte Kosovo und Montenegro gestatten, sich von Jugoslawien abzutrennen. Das Kosovo wird dabei fälschlich nicht als Teil von Serbien, sondern von Jugoslawien bezeichnet. Der Status quo brächte mehr Spannungen, weil die lokalen Bedingungen außer acht gelassen würden.

Jugoslawien und Mazedonien sollen also in ethnische Enklaven aufgesplittert werden, während Bosnien-Herzegowina im Gegensatz dazu in einen multikulturellen Staat gezwungen werden, um so die islamische Komponente auf dem Balkan weiter zu stärken.

Der Bericht wurde von der ICG einige Tage, nachdem die Pro-Unabhängigkeitsparteien in Montenegro die Wahl knapp gewonnen hatten, veröffentlicht, und er erscheint mitten in der Diskussion über die Bedingungen von Ende diesen Jahres geplanten Wahlen im Kosovo. Entgegen der inzwischen erklärten Ansicht sowohl der USA als auch der EU hält die ICG an der Auflösung Jugoslawiens fest und behauptet, daß eine lockere Föderation bzw. eine Konföderation machtlos und unrealistisch wäre. Befürchtungen über Kettenreaktionen auf dem übrigen Balkan seien alle übertrieben, vielmehr provoziere die Zurückstellung der endgültigen Abtrennung des Kosovo von Jugoslawien Unsicherheit und Spannungen. Der Bericht fordert ein von Jugoslawien unabhängiges Kosovo, während dessen eine von einer selbsternannten "unabhängigen Kommission" gut geheißene "konditionierte Souveränität" von der UNO überwacht zu werden habe.

Es handelt sich schlicht darum, daß die Serben in dem ihnen von der NATO gestohlenen Kosovo keinerlei Rechte als Regierung mehr haben.

Martti Ahtisaari sagte anläßlich der Präsentation des Berichtes, daß die internationale Gemeinschaft in die Belange des Balkan noch viele Jahre verwickelt bleiben würde. Die Schaffung eines Groß-Albanien zur Durchsetzung der US-amerikanischen Interessen in der Region bedarf gewiß noch einiger zeitraubender Aktivitäten und Intrigen. Trotz der jahrelangen finanziellen Zuwendungen an herrschende Kreise in Serbien, Montenegro und in Mazedonien geht die Rechnung der USA nicht so einfach auf. Der Durchmarsch von der Adria bis zu den Erdölquellen am Kaspischen Meer ist teuer, und die Balkanpolitik kann nach Ansicht der USA deshalb keinesfalls den Europäern überlasen werden. Pointiert sagt der Bericht, daß die USA erst den Frieden auf den Balkan gebracht haben, und daß es die NATO war, die mit ihren Bombardierungen die Demokratie nach Serbien gebracht hat.

Der Bericht hat sehr großen Zuspruch in Regierungskreisen Washingtons erhalten, und so kann man davon ausgehen, daß seine Empfehlungen angenommen und in gewissem Ausmaß, teils mit den Europäern, teils gegen sie, implementiert werden. Das wird weitere Interventionen, mehr Terrorismus, Separatismus und vielleicht erneute Bombardierungen im Namen der "Menschenrechte" bringen. Die durch dieses Treiben entstehenden Schäden werden wieder die europäischen Staaten zu beseitigen und dafür zu zahlen haben.

Es bleibt nun die Frage, warum der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Gernot Erler und der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) einem Gremium angehören, das in allem den europäischen Interessen entgegensteht, und das allein den politischen und wirtschaftlichen Interessen und dem Hegemonialstreben der USA dient.

8. Mai 2001. Teilweise aktualisiert am 23. Juli 2008 und am 14. Juli 2018

Louise Arbour und Bernard Kouchner unermüdlich im Dienst


Die Vereinten Nationen arbeiten an einem Globalen Pakt, um Migrationsregelungen weltweit in Einklang zu bringen und Flüchtlinge besser zu schützen. Wie das gehen soll, erklärt die UN-Migrationsbeauftragte Louise Arbour.

Arbour: "Globaler Migrationspakt räumt mit falschen Vorstellungen auf".
Deutsche Welle, 13. Juli 2018

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