El Oro de Canfranc

Portugal, Spanien und die Schweiz im Schein des Nazigoldes

Artikel vom 22. September 2004 [Links aktualisiert!]


Nach fast fünfzigjährigem Bau, dessen ersten Spatenstich noch der Bourbonenkönig Alfonso XII., "El Pacificador", im Jahre 1882 tut, wird am 18. Juli 1928 von seinem Nachfolger König Alfonso XIII. und dem Präsidenten Frankreichs Gaston Doumergue im Beisein des seit dem 13. September 1923 als Militärdiktator herrschenden Generals Miguel Primo de Rivera y Orbaneja in den Zentralpyrenäen die französisch-spanische Bahnlinie Pau-Canfranc und eine Bahnstation mit einem bombastischen Bahnhofsgebäude eröffnet: Canfranc. El Túnel de Somport, ein Eisenbahntunnel von fast acht Kilometern Länge, verbindet Spanien und Frankreich. Ein Vertrag zwischen den beiden Staaten bestimmt, dass der Bahnhof doppelte Nationalität hat, obgleich sich der Tunnel auf spanischem Boden befindet. Diese doppelte Nationalität wird im Zweiten Weltkrieg große strategische Bedeutung erlangen; denn die Bahnstation wird Umschlagplatz für Handelsgüter jeder Art zwischen Spanien und Europa, vor allem für den Handel mit Wolfram und Gold zwischen Deutschland, der Schweiz, Spanien und Portugal.

Die beiden anderen Bahnverbindungen zwischen Frankreich und Spanien sind Hendaye-Irún, im Baskenland, und Cerbère-Port Bou, in Katalonien. Ab 1940 muß Canfranc der Gefährdung Port Pous durch alliierte Bombardements sowie Überschwemmungen wegen dessen gesamten Verkehr aufnehmen. Über Irún-Hendaye werden wegen des schlechten Zustandes der Bahnstrecke auf Grund der Zerstörungen durch die deutsche Legión Cóndor, im Bürgerkrieg 1936 bis 1939, keine Waren geleitet. Außerdem ist die Wegstrecke für das Gold aus der Schweiz nach Portugal über Canfranc die kürzeste: Bellegarde/Schweiz - Grenoble - Nîmes - Narbonne - Toulouse - Pau - Olorón - Canfranc.

Jonathan Díaz findet alte vergilbte Papiere

Seit dem Entgleisen durch Bremsversagen eines mit 320 Tonnen Mais beladenen Zuges auf der Strecke Canfranc-Olorón, im Jahre 1970, wobei die Brücke von Estanget zerstört wird, sind die Strecke und der Bahnhof stillgelegt, und es ist ein Busverkehr eingerichtet. Der Franzose Jonathan Díaz, in den 40ern, Sohn spanischer Emigranten und Busfahrer, fährt die Strecke Olorón-Canfranc täglich hin und zurück. In Canfranc angekommen, hat er zur Mittagszeit zwei Stunden Aufenthalt. Er nutzt sie, statt im Bus zu schlafen oder in der Bar des Ortes Karten zu spielen, zu ausgiebigen Abenteuerspaziergängen in die Umgebung von Canfranc.

An einem solchen Tag, im November 2000, ist es kalt, und es regnet in Canfranc; deshalb beschließt er, sich ein wenig in der Bahnstation umzuschauen. Er hat von Dorfbewohnern schon einiges von angeblichen Goldtransporten während des Zweiten Weltkrieges gehört. Er geht los, ohne recht zu wissen, was er eigentlich sucht, und findet zwei verlassene Waggons mit einigen Dokumenten. Es sind Kopien von Zollpapieren, die überall verstreut herumliegen. Einige davon, acht oder zehn Bände, nimmt er mit, um sie in Ruhe zu Hause, in Olorón, zu lesen. Sie sind in spanischer Sprache verfaßt. "Einfuhr von Goldbarren", liest er als erstes. Geistesgegenwärtig beschließt er, noch in der nächsten Nacht in den Bahnhof zurückzukehren und so viele Papiere zu retten, wie möglich. Das ist zu der Zeit nicht einfach, denn die Grenze wird auf Grund der letzten terroristischen Anschläge der ETA Tag und Nacht bewacht. Die spanische Polizei der Unidad Especial de Intervención (UEI) schmunzelt, als er ihr von einem netten Abend in schöner Gesellschaft erzählt. Viel Spaß wünscht sie ihm.

In den Gängen der Bahnstation findet er weitere Kopien von 60 Jahre alten Zollpapieren. Darunter sind viele Blätter, datiert 1942/43, versehen mit Reichsadler, Hakenkreuz und Unterschrift des preußischen Polizeipräsidenten. Weder die Renfe, die spanische Bahn, spanische Behörden noch sonst jemand interessiert sich für sie. Niemand weiß, wo die Originale dazu sind. Mehrere Touristen und Pilger auf dem Sankt Jakobspfad steigen schon einige Jahre vor Jonathan Díaz in das Labyrinth. Einer von ihnen weiß, dass sich Hitler und Franco in den 30er Jahren dort getroffen und zwei Stunden miteinander konferiert haben. Worüber? Wer weiß. Ein anderer findet den Bahnhof "alt und ein bisschen verfallen, aber schön". Isabel, aus der Kaffeebar von Canfranc berichtet: "Im November, Dezember kommen sehr viele Skiläufer und fragen dann immer sofort: ´Oh, wo ist der berühmte Bahnhof?´ "

Alle sind fasziniert von der Ästhetik des "gottverlassenen Tales", des "verwunschenen" Dorfes Canfranc und seines Bahnhofsgebäudes, der "Titanic der Pyrenäen". Das Durcheinander der über 100 qm aus Körben verstreuten Papiere sagt ihnen nichts. Für sie ist es ein "Objekt der surrealistischen Phantasie". Von den politischen und militärischen Zusammenhängen des Umschlagplatzes für das Nazigold haben sie keine Ahnung. Manche von ihnen glauben, der Bahnhof wäre im Zweiten Weltkrieg außer Betrieb gewesen. (1)

Jonathan Díaz findet und birgt systematisch Kopien von Dokumenten über die Zusammenstellung durch Spanien von Transporten des Nazigoldes in LKWs. Er findet Dokumente über Warentransporte nach Portugal sowie über solche Waren, die in Spanien verbleiben, über für Portugal bestimmte acht Tonnen Webgarn, zwei Tonnen Zündschnüre, vier Tonnen leere Fässer usw.

45 Eisenbahntransporte. Sie passieren zwischen dem 16. Juli 1942 und dem 27. Dezember 1943, aus der Schweiz kommend, mit insgesamt 86,6 Tonnen Nazigold die französische Grenze zum Pyrenäenort Canfranc. Auf dem Bahnhof französisch-spanischer Nationalität weht die Hakenkreuzfahne. Auf die spanische Nationalität des Geländes nehmen die Deutschen keine Rücksicht. 39 Transporte, französische Waggons, beladen mit 74,5 Tonnen Goldes, werden unter Bewachung deutscher Soldaten auf LKWs einer Schweizer Speditionsfirma verladen und gehen nach Portugal, sechs eben solche, mit 12,1 Tonnen, bleiben in Spanien, wo Teile davon nach Pasajes, einem Hafen im Baskenland weitergeleitet werden. Es gibt an die 100 Schweizer LKWs, die dafür in Canfranc bereit stehen. Die Transporte nach Portugal werden von Deutschen bis nach Lissabon, und von spanischen Truppen bis zum spanisch-portugiesischen Grenzort Badajoz begleitet. Ein Abkommen zwischen den neutralen Staaten Spanien und Portugal macht´s möglich. (2)

Eine Tonne sind 1000 Kilogramm. Die 86,6 Tonnen Goldes haben 1942/43 den Wert von ca. $102,7 Millionen. Der heutige Wert betrüge geschätzte etwa $1.23 Milliarden.

Eine Erwähnung des Umschlagplatzes Canfranc findet sich bei Otto Fletcher, von der Foreign Economic Administration (FEA) der USA. Er ist nach dem Zweiten Weltkrieg eines der Mitglieder der Alliiertenkommission zur Untersuchung der Herkunft des Goldes in Spanien.

Renfe läßt die für die Erhellung der Geschichte wichtigen Papiere samt der Bahnstation von Canfranc verkommen. Als der Fund, an dem Renfe seit fast 60 Jahren niemals Interesse bekundet, in den wichtigsten spanischen Zeitungen veröffentlicht wird, u.a. von Ramón J. Campo im "Heraldo de Aragón", verklagt Renfe den Finder und Hobby-Forscher Jonathan Díaz wegen "Aneignung" dieser Papiere. Er habe sie widerrechtlich ins Ausland verbracht. Der Ausgang des Prozesses ist mir nicht bekannt. Renfe jedenfalls ist an einer Wiedereröffnung der Bahnlinie und des Bahnhofes samt seinem Hotel nicht gelegen. Im März 2003 gibt es einen Antrag des Partido Aragonés (PAR) auf umgehende Wiedereröffnung der Strecke Huesca-Canfranc. (3) Es soll zwischen Pau und Huesca der TGV fahren. Der Bürgermeister von Canfranc Victor Lopez hat große Pläne für die Restaurierung des Bahnhofes, die Errichtung eines Fünfsterne-Hotels, und die Erweiterung der Bahnstrecke. (1)

Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg

Die Goldtransporte sind ein Teil der 184 Tonnen, die während des Zweiten Weltkrieges, von 1942 bis Mitte 1944 über den Schweizer Grenzort Bellegarde und durch Frankreich nach Spanien und Portugal gehen. Sie sind wiederum ein Teil der Gesamtmenge des Goldes, das zwischen Januar 1939 und dem 30. Juni 1945 von der Reichsbank an die Schweizer Nationalbank, in Bern, verbracht wird. Das Gold hat seinerzeit einen Gesamtwert von ungefähr $400 Millionen, das entspricht im Jahr 1997 einem Wert von $3.9 Milliarden. Dreiviertel davon, mit einem Wert von $276 Millionen (1997: $2.7 Milliarden) kauft die Schweizer Nationalbank. Der Rest geht zur Bezahlung von Waren und Rohstoffen direkt auf die Konten anderer Länder. Dreiviertel dieses Goldes, im heutigen Wert von an die $3 Milliarden, sind geraubt. (4)

Die Schweizer Bankiers wissen, dass die Reichsbank Anfang des Krieges soviel Gold gar nicht besitzen kann, und dass die Schätze aus den Tresoren eroberter Länder in die Verfügungsgewalt der Reichsbank gelangt sein müssen. Seit 1941 ist den Schweizer Behörden und Banken bekannt, und diese Kenntnis ist heute dokumentarisch belegt, dass die Nazis einen Teil des Goldes einzelnen Personen, einschließlich der Opfer in den Konzentrationslagern, geraubt haben. Diese Werte aus persönlichem Besitz von lebenden und von toten Auschwitzhäftlingen und von Häftlingen anderer KZs stammen größtenteils aus dem vom SS-Hauptsturmführer Bruno Melmer, dem Zahlmeister und Buchhalter der SS, verwalteten Raubgold mit einem damaligen Wert von mehr als $140 Millionen. Er liefert das in den KZs provisorisch eingeschmolzene Gold in Kisten, Säcken und Beuteln an das Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS. Von dort geht der Raub an die Reichsbank. Sie versieht die Barren mit Nummern und leitet sie an die Firma Degussa, die es mit anderem Gold zu handelsüblichen Barren einschmilzt, die sie an die Reichsbank zurückgibt. Diese verkauft sie gegen Schweizer Franken oder portugiesische Escudos an die Schweizer Nationalbank.

Allein in den Tresoren der Deutschen Bank kommen 744 Goldbarren an, 29 Prozent des heute bekannten Opfergoldes. Andere deutsche Banken, wie die Dresdner Bank, die Vertrauensbank der SS, sind ebenfalls am Opfergold beteiligt. Am Kriegsende lagern in Zürich noch 322 Kilogramm deutschen Goldes. (5)

Zu den Goldtransaktionen kommt noch der Handel mit den jüdischen Opfern geraubten Juwelen, die mit Diplomatenpost an die Deutsche Botschaft in Bern gehen und dort von deutschen Agenten übernommen und in der Schweiz gegen Industriediamanten und konvertierbare Währungen gehandelt werden. (6)

Spanien und Portugal beliefern die Kriegsmaschinerie Nazideutschlands

Die im Krieg neutralen Handelspartner der Deutschen weigern sich, Reichsmark anzunehmen, die für ihre Geschäfte mit den Alliierten wertlos sind. Nur Schweizer Franken oder nicht-monetäre Geschäfte, Gold gegen Ware, bleiben den Deutschen übrig.

Portugal hat seit Jahrhunderten Allianzen mit Großbritannien, das sein wichtigster Handelspartner ist. Danach folgt Deutschland, das seit der Besetzung Frankreichs einen direkten Landweg zur iberischen Halbinsel nutzen kann. Spanien unter General Francisco Franco erklärt zwar 1939 seine Neutralität, ist aber Deutschland verpflichtet, da er durch deutsche militärische Unterstützung den Bürgerkrieg gewonnen hat. Sowohl Spanien als auch Portugal erhalten ab 1940 über den Landweg größere Mengen wichtiger Güter, als die Alliierten ihnen liefern können.

Für Deutschland ist der Handel mit Spanien und Portugal kriegswichtig. Beide Länder liefern das für die Waffenproduktion sowie für andere Industrien wichtige Schwermetall Wolfram, ein Metall aus der Chromgruppe. Wolfram dient zur Härtung des Stahls, zur Herstellung von Tungstein. (7)

Ohne Wolfram hätte Deutschland den Krieg nicht fortsetzen können. Der Krieg wäre innerhalb von drei Monaten zu Ende gewesen. Deutschland ist abhängig von den Lieferungen aus Spanien und vor allem aus Portugal, das zwischen 1941 und Mitte 1944 jährlich mehr als 2000 Tonnen Wolfram an Deutschland liefert, ungefähr 60 Prozent seines Mindestbedarfs von 3500 Tonnen jährlich. Dafür erhält es insgesamt 124 Tonnen Nazigold. Antonio Oliveira Salazar erklärt 1944, dass der Krieg hätte verkürzt werden können, wenn diese Lieferungen ausgeblieben wären. Das hindert ihn nicht, weiter zu liefern; denn er sympathisiert sehr mit Nazideutschland. Außerdem befürchtet er, dass Deutschland sonst von Frankreich aus Portugal angreifen könnte. Er stellt den Briten und später den Amerikanern ab Oktober 1943 Militärbasen in den Azoren zur Verfügung.

Beide Staaten verlangen von Deutschland, das Gold in der Schweiz gegen Schweizer Franken oder gegen Escudos zu verkaufen. Mit diesem Geld kaufen sie von der Schweiz das deutsche Gold, jedenfalls in den meisten Fällen. Sie wollen das Geld von der Schweizer Nationalbank "gewaschen" haben, um so ihre Beziehungen zu den Alliierten nicht zu gefährden. Mit denen treiben sie ebenfalls schwunghaften Handel. Im letzten Trimester 1941 und den ersten Monaten des Jahres 1942 organisiert die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) ohne Unterbrechung Goldtransporte deutschen nicht-monetären Goldes (Gold gegen Ware) nach Lissabon. Zwanzig Tonnen kosten 100 Millionen Schweizer Franken. (8)

Deutschland bezahlt die Importe mit Gütern, mit seinen durch Raubgold erworbenen Escudos und Schweizer Franken sowie direkt mit Gold. Dazu gehören wahrscheinlich die über Canfranc geheim verladenen 74,5 Tonnen. In Spanien und in Portugal herrschen mit Francisco Franco und Antonio Oliveira Salazar zwei den Achsenmächten sehr gewogene faschistische Diktatoren, die den Krieg dazu nutzen, von beiden Seiten zu profitieren. So ist während des Krieges nicht nur Deutschland, sondern auch Großbritannien bei Portugal mit Hunderten von Dollar in der Schuld.

Der Preis für Wolfram steigt ab 1942 von $75 auf $16800 pro Tonne. Francisco Franco setzt Mindestpreise fest. Es kaufen die Alliierten und Deutschland.

Das neutrale Spanien liefert nicht nur dieses wertvolle Schwermetall, sondern bis 1943 auch reichlich andere kriegswichtige Güter, es liefert Geheiminformationen und Truppen, die Blaue Division, für die Ostfront. Spanien ist nach Portugal der zweitwichtigste Lieferant für Wolfram. Zwischen 1941 und 1943 liefert es mehr als 1100 Tonnen jährlich. Es deckt damit etwa ein Drittel des Bedarfs. Deutschland unterhält zur Ausbeutung der Wolframminen eine eigene Firma, SOFINDUS, die 1943 ungefähr 83 Tonnen Goldbarren aus der Schweiz bezieht. Zwischen Februar 1942 und Mai 1945 erhält Spanien von Deutschland 123 Tonnen Goldes, wovon 11 Tonnen direkt aus Deutschland und den von Deutschland besetzten Gebieten stammen. Bezahlt werden die Lieferungen auch mit den 12,1 Tonnen Raubgoldes von Canfranc. Gold mit LKWs nach Spanien zu verbringen wird Ende 1942 nötig, weil Deutschland die Wolframlieferungen nicht mehr anders bezahlen kann. (9)

Die Regierung der spanischen Republik bezahlt zur Verteidigung der Republik gegen den Aufstand der Militärs, vom 18. Juli 1936, für Waffenlieferungen an Frankreich und später für schlechtes Material an Russland 707 Tonnen Goldes, so dass sein Tresor leer ist zu Beginn des Zweiten Weltkrieges.

In Nachkriegsverhandlungen mit den Alliierten wollen Spanien und Portugal nichts von dem Nazigold zurückgeben. Sie behaupten, nichts von der Herkunft gewußt zu haben. Spanien bestreitet, dass es Kriegsmatierial an Nazideutschland im Austausch mit von jüdischen Opfern geraubtem Gold geliefert habe. Portugal behauptet sogar, niemals zwischen 1938 und 1945 Gold aus Deutschland bekommen zu haben. (7)

Die internationale Unabhängige Expertenkommission zur Untersuchung der Goldtransaktionen (UEK)

Die Schweizer Regierung setzt in den 90er Jahren eine internationale Expertenkommission von neun Historikern zur Untersuchung der Goldtransaktionen mit Deutschland im Zweiten Weltkrieg ein, die Bergier-Kommission, benannt nach ihrem Präsidenten François Bergier. Weitere Kommissionsmitglieder sind vier schweizerische und vier ausländische Historiker, aus Grossbritannien, Israel, Polen und den USA, die aufgrund ihrer wissenschaftlichen Fachkompetenz ad personam ernannt werden. (10)

Sie gibt zunächst einen Zwischenbericht ab und dann, am 25. Mai 1998 den Originalbericht. Dieser Bericht wird, ergänzt und überarbeitet, im Jahre 2002 erneut herausgegeben. Demgemäß handelt die Schweiz während des Zweiten Weltkrieges mit dreierlei Gold, wobei das Gold der ausgeraubten Zentralbanken davon die größte und wichtigste Menge ist:

·        Gold, das sich das NS-Regime vorwiegend seit 1938 bei Privatpersonen im Inland und in den eroberten Gebieten durch Beschlagnahme und Plünderung beschaffte,
·        Gold von ermordeten und überlebenden Opfern der NS-Vernichtungspolitik (Opfergold),
·        Gold aus den Währungsreserven von Zentralbanken besetzter Länder. (11)

Die UEK schließt am 19. Dezember 2001 ihre Arbeit ab und löst sich auf. Am 22. März 2002 werden der Schlussbericht und die letzten sieben Studien und Beiträge zur Forschung der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Homepage der UEK bleibt unter der Regie der Bundeskanzlei weiter bestehen. (12)

Der Zug der Freiheit. Flucht der Juden. Ankunft der Nazis in Canfranc

Es soll hier nur kurz erwähnt werden, dass Marc Chagall, Max Ernst und Hunderte von anderen Juden über Canfranc vor den Nazischergen fliehen können. Canfranc - Lissabon - USA heißt die Route. Zahlreiche Juden schaffen vor allem nach der Besetzung Canfrancs durch die Nazis, Ende 1942, die Flucht nicht. Sie werden deportiert. Einige liegen auf dem Friedhof von Canfranc begraben.

Canfranc ist ebenfalls der Ort für Agenten des französischen Widerstandes, für den "König von Canfranc" Albert Le Lay, Chef des französischen Zolls, Oberst Remy und andere, wie die "Helden der spanischen Pyrenäen".

Ein 956 Seiten starker Bericht der UEK, in vier Sprachen, präsentiert am 10. Dezember 1999, befaßt sich mit der Politik der Schweiz gegenüber den Flüchtlingen, während des zweiten Weltkrieges: "Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus", samt Beiheften zum Personentransit, zu den deutschen Lösegelderpressungen in den Niederlanden, zu den Flüchtlingen als Thema der öffentlichen politischen Kommunikation und zu den rechtlichen Aspekten der Flüchtlingspolitik. (12)

Das unsichtbare Visier

Nach dem Zweiten Weltkrieg dienen Goldreserven der Nazis sowohl in Portugal und Spanien als auch in Argentinien dazu, dass einige der schlimmsten Nazi-Kriegsverbrecher sich aus Deutschland absetzen können. Der Vatikan hilft ihnen dabei. Wer erinnert sich nicht der spannenden DDR-Serie, von 1973, "Das unsichtbare Visier", wo gezeigt wird, wie die Verbrecher über Italien nach Argentinien geschleust werden.

Die von Otto Skorzeny gegründete geheime Organisation ODESSA verhilft dem SS-Arzt Josef Mengele über Argentinien und Paraguay nach Brasilien, Gestapo-Chef und SS-Gruppenführer Heinrich Müller entkommt, wie auch der Gestapo-Chef von Lyon Klaus Barbie, der "Schlächter von Lyon", wie Adolf Eichmann, den der Mossad 1961 aus Argentinien entführt, wie Alois Brunner, der noch immer nicht gefunden ist, wie viele andere. (13)

Die SS transferiert schon während des Krieges große Summen Geldes und Goldes zur Finanzierung ihrer Flucht ins Ausland, beispielsweise in den baskischen Hafen Pasajes/Spanien und von dort nach Südamerika. Einige der Verbrecher können aber auch im Schutz der Diktatoren Antonio Oliveira Salazar und Francisco Franco ruhig in Europa bleiben. So zeigt sich die angebliche Neutralität dieser Diktatoren bis zuletzt. Die Alliierten lassen sie gewähren, da mit dem Kampf gegen den Kommunismus und gegen die Sowjetunion neue Aufgaben anstehen. Portugal ist Gründungsmitglied der NATO, ebenso wie die ehemalige Achsenmacht Italien.

22. September 2004 - Links aktualisiert, am 8. Juni 2020

Anmerkungen

(1) Die Titanic der Pyrenäen. Ortserkundungen (1), von Kristine von Soden. Co-Produktion SWR/DLF, Sendung, vom 3. August 2004, 19:15-20:00 Uhr

(2) Soweit nicht anders vermerkt, sind die Informationen dem Buch des spanischen Rechtswissenschaftlers, Autors und Journalisten Ramón J. Campo entnommen: Ramón J. Campo: El Oro de Canfranc. Biblioteca Aragonesa de Cultura,Zaragoza 2002

El Oro de Canfranc. Por Ramón J. Campo y Heraldo.es 
Canfranc y el oro de los nazis: nuevas revelaciones, Heraldo, 16/4/2015

(3) Algunas fechas importantes para el F.C. de Canfranc. 1993 - 2018. 25 anniversario CREFCO

(4) U.S. and Allied Efforts To Recover and Restore Gold and Ohter Assets Stolen or Hidden by Germany During World War II. Preliminary Study, Coordinated by Stuart E. Eizenstat, Prepared by William Z. Slany, The Historian, Departmentof State, May 1997 (259 Seiten)

(5) Holocaust Reverberation: The Emerging Story of Nazi Gold, by Stuart Eizenstat, Under Secretary for Economic, Business and Agricultural Affairs. Addressto the United Jewish Appeal National Young Leadership Conference, WashingtonD.C., March 23, 1998

Law-Related Resources on Nazi Gold and Other Holocaust Assets, Swiss Banks during World War II, and Dormant Accounts. Updated 13 June 2003

Das Deutsche Bank-Geheimnis. Die Zeit Nr. 34/1998

(6) Monetary and Non-Monetary Gold. Holocaust Assets Report. A TeachersGuide to the Holocaust

(7) Das ebenfalls kriegswichtige Chrom wird an Deutschland von der neutralen Türkei geliefert, in einigen Kriegsjahren liefert es 100 Prozent des benötigten Chroms. Das neutrale Schweden liefert Eisen und Kugellager. Das neutrale Argentinien liefert Güter und macht sich wie Spanien und Portugal als Sympathisant der Nazis nützlich.

Report: Neutral nations´ trade kept Nazi war machine going. Spain, Turkey respond to U.S. details on use of looted gold. CNN.com, Jerrold Kessel and AP,June 2, 1998
1996 stammen Dreiviertel der Wolframlieferungen aus dem Einzugsgebiet des Yangtse, in China. Aus Russland stammen neun und aus Portugal vier Prozent.

Alfred Haid, Eberhard Wettig: Konzentrationstendenzen im Weltbergbau. Wochenbericht des DIW 3/00


(8) Zum Thema Geldwäsche in der Schweiz, im Zweiten Weltkrieg siehe: Gian Trepp: Bankgeschäfte mit dem Feind. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich im Zweiten Weltkrieg. Von Hitlers Europabank zum Instrument des Marshallplans. Rotpunktverlag, Zürich 1993

(9) New Supplement to the State Department Report on Holocaust Assets. 
Jewish Virtual Library, June 1998

(10) Bergier Report on Swiss Refugee Policy (December 10, 1999). JewishVirtual Library

(11) Die Schweiz und die Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg. UEK (Hg.) Veröffentlichungen der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg, Band 16, Überarbeitete und ergänzte Fassung des Zwischenberichts,Chronos-Verlag, Zürich 2002

(13) ODESSA. Organisation der ehemaligen (oder entlassenen) SS-Angehörigen. Von Friedrich Paul Heller. Lexikon. Informationsdienst gegen Rechtsextremismus. Ganymed, 21. Mai 2006