Offener Brief an Fräulein Krüger, Bundeszentrale für politische Bildung

Artikel, vom 14. November 2010

Sehr geehrtes, liebes Fräulein Krüger,

Sie sprechen mir aus der Seele! Ich kann gar nicht schnell genug begeistert sein, es reißt mich aus dem Frack!

Wie bemerkt schon Hera Klitoris zu recht: panta rhei. Es dauert 
2 500 Jahre, bis auch die Bundesregierung in die Strömung gerät und die durchgängige Berücksichtigung der Gleichstellungsfrage, zu deutsch Gender Mainstreaming, nicht auf die starren Kategorien Mann/Frau, sondern auf das flexible Geschlecht ausweitet. Geschlechtervielfalt gibt's heute, nicht mehr zwei, in denen eine Minderheit unserer Gesellschaft hin&wieder hin&herwichselt, sondern viele, viele, viele. (1)

Und alle, alle, alle arbeiten mit an der Aufhebung der Identitäten, die "Frauenbewegung", wie Sie von Ihnen so schön in Dummegänsebeinchen gesetzt wird, ist überlebt zugunsten neuer gesellschaftlicher Notwendigkeiten, die Sie für uns definieren. Nicht mehr nur die "Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Leitprinzip", wie von der Bundesregierung am 23. Juni 1999 beschlossen, sondern die Auflösung der Geschlechterkategorien, die Auflösung tradierter Beziehungen, daran arbeiten Sie, der Prozess der Implementierung ist in der BpB noch in vollem Gange. Die Mitglieder der Interministeriellen Arbeitsgruppe auf Bundesebene wissen inzwischen nicht mehr, ob sie Männlein oder Weiblein sind, und das ist auch gut so. (2)

Nicht die Familie, sondern Eremiten sind des Schutzes unseres Grundgesetzes würdig, und ich erwarte mit Spannung eine entsprechende Petition an den Bundestag: "Der Eremit ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.“ So könnte der revidierte Artikel 6 GG lauten. (3)

Es ist schon lange nicht mehr damit getan, daß Männer und Frauen gleiche Chancen haben, gleichen Zugang zu Bildung und Beruf, sondern sie haben als menschliche Wesen aller Art akzeptiert zu werden; frau fragt nicht, auf welche Toilette sie gehen. Ebenso, und daran sollten Sie umgehend zu arbeiten anfangen, verehrtes Fräulein Krüger, steht das Mainstreaming menschenähnlicher Tiere an, die Homologisierung des Orang Utans und von sexuell attraktiven Ziegen und Eseln - oder besser gleich von allem, was grundsätzliche Übereinstimmung auf Grund eines gemeinsamen evolutionären Ursprungs hat. Auch die Barbie-Puppe und ihre muslimische Widergängerin Fulla gehören aufgenommen und unter den Schutz des GG gestellt.

In diesem Bestreben sollten Sie mit Muslimen zusammenarbeiten, die schon seit achtzig Jahren an der Aufweichung der starren Geschlechterordnung arbeiten, wie Ramona Zündloch erfahren durfte: (4)

Und dieser Perser wurd´ stets perverser,
bis eines Tages ihr nicht wurde ganz und gar
klar,
ob sie ein Weibchen oder Männ-e-chen war.

Wenn das meine geliebten Fummeltanten aus dem warmen Lützower Lämpchen noch hätten erleben dürfen, daß Sie das "flexible Geschlecht" propagieren, lieber Herr Krüger! Und in der Ecke, ganz privat, sitzt eine Dame vom Senat. Das ist Herr Meier, heut' mit Rock, aus dem Rrrathaus im 17. Stock! (5)

Der Herr Meier hätte heute kein Privatleben mehr nötig, er käme direkt in Ihren dritten Kongreß mit seinem Glück in Krisenzeiten. Und da träfe er auch die bekopftuchten Musliminnen, die Modelle aus Ihrer vergriffenen Broschüre "Geht's noch?" - oder wie hieß die nochmal? Die Meierin, nach den wichtigsten Koranversen zum Thema Kleidung und Benehmen aufgetakelt, setzte sich neben die türkische Hausfrau, gäbe ihr ein dickes Bussi auf ihren anatolischen Busen und begänne mit der Beratung, wie die ganze Familie Hartz IV beziehen kann. (6)

Frauen und Sklaven müssen nicht nur im Machtbereich der Hamas, sondern in unsere Gesellschaft strukturell eingeschlossen und gewürdigt werden. Auch in diesem Bereich ist der Islam Avantgarde. (7)

Ja, Verehrteste, Sie haben recht und Recht, die Kategorie Geschlecht oder Gender bezeichnet ein Verhältnis, und warum soll eine Frau kein Verhältnis haben? Ein Besitzverhältnis? Sie reden über die Unterwerfung von Frauen und die Versklavung und Ausbeutung von Arbeitskraft anderer Männer, Sie monieren, daß die Männer durch Arbeit zu Frauen degenerieren anstatt durch eigene Willensentscheidung. Das wirft uns hinter den Islam zurück, der Männer nicht durch Arbeit, sondern durch Spiritualität und Glaubenskrieg unterwirft. Diese Feinheit müssen wir erst noch lernen.

Ich bin beeindruckt von Ihrer gendermaingestreamten Kritik beim Gang durch die Geschichte des Abendlandes: "Klasse" / "soziale Schicht", "ethnische" oder "kulturelle Herkunft". Und dann "Brüderlichkeit", pfui! Zum Thema der vermeintlich "natürlichen" Ungleichheit von Menschen sind Sie und die TeilnehmerInnen des dritten Kongresses der BpB das beste Gegenbeispiel. Die Gleichstellungsfrage ist kein Nebenwiderspruch, diese verfehlte Ansicht monieren Sie zurecht bei den Genossen der DDR. Sie zitieren auch meine Lieblingsschriftstellerin Simone de Beauvoir: "Man wird nicht als Frau geboren, man wird es" (1949). Herr Krüger - wenn ich Sie noch einmal so nennen darf -, Simone de Beauvoir ist ohne Jean-Paul Sartre wie Aishe ohne Mohammed, das weiß schon mein Schaf (noch männlich!), sie ist die Frischfleischlieferantin des Jean-Paul Sartre, der ähnliches über die Juden sagt; die eine erkennt den Frauen und damit sich selbst die Identität ab, der andere den Juden, in dem er behauptet, die wären das erst, wenn andere sie dazu machen. Das Cleverle läßt sich selbst dabei schön außen vor; denn wer wollte diesen Antisemiten zum Juden erklären? (8)

Castor, immer älter und faltiger werdend und noch unsicherer als zur Zeit ihres Geliebten Nelson Algren, da hieß das dem Manne zugeführte Kind Olga Kosakiewicz, Castor also sorgt für Unterhaltung im Bette ihres Pollux; es hat sich sogar bis zum Spargel herumgesprochen. Es ist nicht etwa so, daß Pollux sich auf den Weg macht, seinem/seiner Castor einen jungen Mann oder ein Mädel zu lesbischen Spielen zu beschaffen, das wäre spießig. Sie tun gut daran, dieses Beispiel an Emanzipation zu bringen. Darf ich Sie fragen, Fräulein Krüger, - und nun habe ich meinen Frack wieder übergezogen -, ob Sie das auch so geil finden wie ich und alle BeauvoirSartre-Verehrer? Mann stelle es sich vor, Mann macht mit Plaste und Elaste aus der Frau 'n Kerl, wenn's einen danach gelüstet, und ein Mädchen kann durch entsprechendes Verhalten bewirken, daß es keine Frau wird. Was aber stattdessen, 'ne dumme Gans wie Simone? (9)

Oder vielleicht eine unerotische Figur des nacktgewordenen Langweilers wie die auf dem Poster Eine ehrliche Haut mit Bart und Babyspeck? (10)

Dann bleiben Sie doch lieber das aufregende Fräulein Krüger mit dem "flexiblen Geschlecht", von Paul O'Montis als Moritz fehlidentifiziert und besungen - aber Identitäten kommen bei Ihnen ja eh nicht an. (11)

Eine bescheidene Kritik hätte ich allerdings anzubringen: Sie bleiben stehen bei der Anerkennung der Geschlechterdifferenzen, Bündnisse mit Heteronormativität, Zweigeschlechtlichkeit und Kleinfamilie wollen Sie hinter sich lassen. Das kann nur ein Anfang der Durchsetzung von Gerechtigkeit sein. Ebenso die Babypause für Männer, die Sie zur Vorbereitung auf Ihr Fräuleindasein selbst genossen haben, ebenso die Ablehnung, den eigenen Körper und die eigene Sexualität zur Norm zu erklären. Nein, nacktgewordene asexuelle Langweiler kann unsere Gesellschaft nicht gebrauchen.

Fräulein Krüger, wann unterstützen Sie Forschungsarbeiten, Männer zu Gebärenden werden zu lassen? Gab es nicht neulich schon eine Nachricht, daß ein Mann schwanger geworden sei? Sind Sie gar schon befaßt mit der Aufgabe? Zwar sind Sie aus dem gebärfähigen Alter heraus, aber denken Sie doch an all das Mutterglück, das den heutigen Jungen demnächst zuteil werden könnte. Bislang bleiben Ihre Bemühungen ja nur darin stecken, daß Frauen, im traditionellen Sinne des Wortes, die mit Busen, Vagina und Gebärmutter, keine Kinder mehr bekommen, was Recep Tayyip Erdogan sehr freut. (12)

Bis bald, Sie wilder böser Ossi, Sie geile Berliner Dorfschlampe, Sie duftende Thüringer Bratwurst, Sie würdiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland! Vielleicht trifft frau sich bald einmal im Darkroom, in der Niebuhrstraße?

Ihre Bewunderin
Dr. Gudrun Eussner

14. November 2010

Mutterboden und Vaterhoden


(2) Gender Mainstreaming. Bundeszentrale für politischeBildung

(3) Der Eremit oder Juchtenkäfer. NABU. Mecklenburg-Vorpommern

(4) Ramona Zündloch - Paul O'Montis. Video (3:01). YouTube
Erwin Reich / Frank Günther, 1930

(5) Ein Denkmal für Paul O´Montis. Von Gudrun Eussner

(6) Was geht? Mit oder ohne. Das Heft zum Kopftuch. BpB, 21. September 2010

(7) Article 12. The Covenant of the Islamic Resistance Movement (Hamas),
August 18, 1988. MidEast Web Historical Documents


(8) Réflexions sur la question juive (1946). Par Jean-Paul Sartre,
Gallimard 1954, page 84

(9) Bianca Bienenfeld, épouse Lamblin. Textes et citations. Denis Touret

Biographien. Klassisches Dreieck. DER SPIEGEL 32/1993 vom 09.08.1993,
(10) Eine ehrliche Haut. Thomas Krüger: Einer für alle. SPD. Social History Portal

(11) Was hast du für Gefühle, Moritz - Paul O'Montis. Video (2:28). YouTube
Fritz Löhner-Beda, Mischa Spoliansky, 17. Dezember 1927

(12) Das flexible Geschlecht: Gender, Glück und Krisenzeiten in der globalen
Ökonomie, Berlin 28.-30. Oktober 2010. \l Eröffnungsrede von Thomas Krüger,

Siehe auch:

Der gesamtdeutsche feuchte Traum. Die Editrix auf Deutsch, 15. November 2010

Frau Merkel, schmeißen Sie bitte Herrn Thomas Krüger raus!
Von Osi, DeutschlandWoche, 14. November 2010 [nicht mehr online]

BIFFF. Berliner Institut für Faschismus-Forschung und