Das ist kein Wunder. Neulich fällt ein einfacher Lottospieler bereits in Ohnmacht, als er verspätet von seinem Glück erfährt, 35 Millionen Euro gewonnen zu haben, die ihm vorenthalten werden sollten. Ein Besitzerehepaar einer Lotto-Annahmestelle in der Rue du commerce, XVème Arrondissement von Paris, sagt einem Lotto-Spieler, der sonntags in zwei Reihen immer dieselben Zahlen tippt und am folgenden Montag wieder vertrauensvoll seine Belege vorlegt und fragt, ob er gewonnen habe: Leider nein! Sie nehmen die Quittungen des Spielers an sich, holen einen Strohmann und kassieren mehr als 35 Millionen Euro. Der Strohmann, der 5% der Summe erhält, zahlt vom Gewinn 30 Millionen auf ein ausländisches Konto, was die Bank routinemäßig an die Lotto-Zentrale Française des jeux meldet. Die wirft ihren Super-Computer an und wird stutzig, daß dieselben Gewinnzahlen in den beiden Wochen danach zwei weitere Male gespielt werden, was es seit Bestehen der Zentrale noch nie gab. Der Spieler macht auch noch bei zwei anderen Wetten mit, wo er ebenfalls immer dieselben Zahlen setzt, bekommen sie heraus.
Daraufhin schalten sie verdeckt die Polizei ein, und die identifiziert den Spieler, wie er zum dritten Mal mit seinem Schein in die Lotto-Annahmestelle geht, wieder mit denselben Zahlen. So platzt der Betrug, und der Spieler fällt erst einmal in Ohnmacht, als er hört, er hätte 35 Millionen Euro gewonnen. Die drei Betrüger werden für einige Jahre in den Knast wandern.
Welch eine Aufregung wegen 35 Millionen Euro! Wegen dem bißchen Geld! 😁
Arnaud Lagardère und Daimler stecken durch den Verkauf großer Aktienpakete, im April 2006, jeder 2 Milliarden Euro ein, was einer längeren Erholung der Seele des Arnaud Lagardère bedarf. Im Unterschied zu den betrügerischen Besitzern der Lottoannahmestelle und ihres Komplizen brauchen Arnaud Lagardère und Daimler nichts zurückzuzahlen, und in den Knast wandern sie auch nicht, es gehört alles ihnen, von Insider-Geschäften kann keine Rede sein; wie können die Hauptaktionäre am 4. April 2006 wissen, daß am 15. Februar 2006 bei einem Belastungstest dem Airbus A380 ein Flügel abgefallen ist, was zwangsläufig zu Lieferverzögerungen von mehreren Monaten führen muß und entsprechende Kursstürze zur Folge haben wird?
Im EADS-Konzern wissen die Großaktionäre, d.h. der französische Staat, Arnaud Lagardère und Daimler, Besitzer von insgesamt mehr als 45 Prozent der Konzernaktien, und ihre Top-Manager, Präsidenten und Direktoren nichts von dem zu erwartenden Desaster, fertig!
Nun eilen seitens zweier Regierungen Nicolas Sarkozy und Angela Merkel nach Toulouse, ins Mutterhaus der EADS, um dort die finanziellen und strukturellen Probleme des Konzerns zu lösen. Das Werk Clément-Ader soll ebenfalls heimgesucht werden, und man darf gespannt sein, ob während des Urlaubsmonats Juli überhaupt Beschäftigte anzutreffen sind. Vielleicht reizt es sie ja, den Psychodramen gratis beizuwohnen und sich von Arnaud Lagardère mit einigen seiner Zeitungen und Zeitschriften verwöhnen zu lassen, so daß sie beschließen, zu mehr als 35 Prozent Arbeiten zu gehen?
Der französische Staat und Désirade, die Aktionärsgruppe des Arnaud Lagardère, sprächen mit einer Stimme, läßt Arnaud Lagardère verlauten, und das läßt nichts Gutes erwarten. Was tut ein Staat als Hauptaktionär in einem solchen Konzern? Ganz einfach: er setzt Leute im Management ein, die eher staatstragend als unternehmerisch tätig sind. Noël Forgeard ist ein persönlicher Freund des Jacques Chirac, und Jean-Louis Gergorin ist Freund des ehemaligen Premierministers Dominique de Villepin. Letztere beide hecken im Auftrag des Jacques Chirac die Clearstream Affäre aus.
Jetzt also kündigt Le Figaro Psychodramen an, und das deshalb, weil es unbedingt gewährleistet werden muß, daß Frankreich und seine Vertreter im Management der EADS die strategische Oberhand behalten. Dafür fällt man gern einmal werbewirksam in Ohnmacht.
Gegenwärtig sieht es so aus, daß EADS durchgängig von einer französisch-deutschen Doppelspitze geleitet wird, der Tod jeder optimalen Entwicklung eines Unternehmens, wie Studenten der BWL im ersten Semester lernen.
Aufsichtsrat:
Dr. Rüdiger Grube (D), Präsident (nicht geschäftsführend)
François David (F)
Juan Manuel Eguiagaray Ucelay (Es)
Jean-Paul Gut (F)
Michel Pébereau (F)
Arnaud Lagardère (F), Präsident, (nicht geschäftsführend)
Dr. Thomas Enders (D)
Louis Gallois (F)
Hans Peter Ring (D)
Dr. Michael Rogowski (D)
Bodo Uebber (D)
Geschäftsführender Vorstand:
Ko-Präsident Louis Gallois (F), gleichzeitig Präsident von Airbus
Ko-Präsident Dr. Thomas Enders (D)
Marwan Lahoud (F), Marketing, Internationale Strategie
Hans Peter Ring (D) Finanzen, gleichzeitig Finanzdirektor von Airbus
Ein Blick reicht aus, um zu erkennen, daß eine solche Struktur nicht tragfähig ist. Aber das sind die Opfer, die ein Staat bringt, um sich als Unternehmer und Konzernbesitzer zu betätigen. Die Steuerzahler blechen dafür.
Nun wird für die Verschiebungen im Vorstand erwartet, was man in Bankgeschäften "Gutes Geld schlechtem hinterherwerfen" nennt. Die Fehlkonstruktion wird teure Schönheitskorrekturen erhalten. Entweder die zwei nicht-geschäftsführenden Präsidenten bleiben, und es gibt einen geschäftsführenden Präsidenten. Wer wird es? Louis Gallois oder Dr. Thomas Enders? Oder Arnaud Lagardère bleibt alleiniger nicht-geschäftsführender Präsident, dann wird Dr. Thomas Enders geschäftsführender Präsident, und Louis Gallois geht. Von der Vorstellung kriegt die französische Regierung ihre Psychoqualen. Nachdem Louis Gallois sich ein Jahr krumm gelegt hat, wäre diese Lösung dumm, meint ein Kenner des Vorgangs, aber Personalfragen dürfen die Zukunft von EADS nicht trüben. Finanz- und Führungsfragen also stehen in zwei Wochen im Vordergrund der Verhandlungen. Es gebe aber noch eine Möglichkeit, die trotz der zuversichtlichen Verlautbarungen des Arnaud Lagardère bedacht werde: er könnte, in dem er Unmögliches verlangt, in Wirklichkeit seinen vollständigen Ausstieg aus EADS vorbereiten.
Dann kassiert er weitere Milliarden Euro, und wie man den französischen Staat bislang kennt, zahlen die Steuerzahler - es sei denn, mit Sarko würde das anders.
Arnaud Lagardère ist trotzig
Er ist mehr den je entschlossen, alleiniger Präsident von EADS zu werden. Den von politischen Kreisen Frankreichs favorisierten Philippe Camus, seinen Mentor und bis heute Ko-Präsidenten der Lagardère-Gruppe kann er nicht leiden. Philippe Camus ist von 2000 bis 2005 bereits einmal Ko-Präsident. Die Deutschen wissen nicht, was sie zu den Störmanövern des Arnaud Lagardère sagen sollen. Gegen Philippe Camus hätten sie nichts einzuwenden, seine Reputation ist in Deutschland einwandfrei. Hoffentlich finden sie bis zum 16. Juli ihre Sprache wieder, da ist nämlich das Treffen von Nicolas Sarkozy und Angela Merkel in Toulouse. Ein Montag, und mehr als 35% werden da sein!
Man muß es sich vorstellen: nicht nur, daß dieser milliardenschwere Konzernchef ungeschoren davonkommt und zwei Monate nach dem abgefallenen Flügel des Airbus A380 beim Verkauf der Hälfte seines Aktienanteils an EADS 2 Milliarden Euro abgreift, jetzt bestimmt er mit seinem Anteil von unter einem Zehntel am Konzern auch noch, wo's langgeht - oder pokert er nur, um auch ja ungestraft und mit hohen Verkaufserlösen aus den Händeln herauszukommen?
Alle sind sich einig, daß Schluß sein muß mit der Doppelspitze bei EADS, es soll einen Präsidenten und einen Geschäftsführenden Vorsitzenden geben, aber wer soll's sein?
Wie wäre es mit einer Lösung, die bei vergleichbaren Konzernen angewandt wird: auf dem internationalen Markt agierende Top-Manager werden eingesetzt? EADS ist kein Familienbetrieb, so aber verhält sich Arnaud Lagardère, der persönlich seine Interessen im Konzern vertreten will. Gute Manager wie Louis Gallois könnten dabei geopfert werden. Frankreich hat's ja reichlich!
Hinzu kommt, daß auch in Deutschland Kämpfe toben zwischen Rüdiger Grube, dem jetzigen Nicht-geschäftsführenden Ko-Präsidenten, und Dr. Thomas Enders, dem Geschäftsführenden Ko-Präsidenten.
Derweil verkauft Arnaud Lagardère seine 7,5 Prozent in drei Raten, bis 2009, so daß er dann mit seinen verbleibenden Anteilen am Besitz etwa an fünfter Stelle liegt. Bis dahin will er Präsident bleiben und seinen Ausstieg aus EADS teuer verscherbeln, um das Kapital in den Branchen Kommunikation, Verlagswesen und Sport zu investieren.
Verständlich ist sein Ansinnen, aber es ist auch hier wie überall: jeder kann nur das durchsetzen, was andere ihm gestatten. Wenn er mit seiner Forderung durchkommt, ist das ein Armutszeugnis für den französischen Staat, für Daimler und die übrigen Aktionäre.
Das Aktienkapital ist heute so verteilt:
Institutionelle Investoren 33,4%
- davon VTB (russische Bank) 6%
- Fonds DTC (Dubai) 3,12%
Daimler + deutsche Investoren 22,47%
französischer Staat 15%
Lagardère-Gruppe (bis 2009) 7,5%
Sepi (spanischer Staat) 5,48%
Angestellte 3,55%
Investmentbanken 2,25%
Selbstkontrolle 1,80%
private Aktionäre 8,55%
Neue Spitze bei der European Aeronautic Defence & Space Co. (EADS)
rnaud Lagardère wird alleiniger Präsident des Verwaltungsrats, Dr. Thomas Enders wird Geschäftsführender Präsident, Louis Gallois bleibt Präsident von Airbus. Die französische Regierung ist damit einverstanden. Am 16. Juli 2007 treffen sich die Fonceurs volontaires in Toulouse. Dort reißt jeder nur ein Mitglied der Doppelspitze aus, was symbolischen Wert hat. Wenn die Mitarbeiter des Hauptwerkes Clément-Ader nicht gerade im verlängerten Wochenende oder im Urlaub sind, gibt's etwas zu bestaunen: Vernunft siegt, und Arnaud Lagardère wird noch zwei Jahre verkraftet.
30. Juni 2007/ 9. Juli 2007
Arnaud Lagardère ist weg vom Fenster
Bis dahin werden sich genug Scheichs der Generation Golf II finden, die den Eintritt in EADS bzw. die Erhöhung ihres Anteils aus ihrer Portokasse bezahlen.
Louis Gallois hat sich nicht nur in kürzester Zeit als Präsident von Airbus einen Namen gemacht, sondern er ist schon aus seiner Zeit bei der staatlichen Bahn SNCF bekannt für seine Fähigkeit, mit den Beschäftigten angemessen umzugehen. Nun wird er Geschäftsführender Vorsitzender von EADS, und der ausgewiesene Militärstratege und Sicherheitspolitiker Thomas Enders, Ex-Bundeswehr-Fallschirmspringer und Major der Reserve, Spitzname „Major Tom“, der noch nie einen Fuß in den Airbus A380 gesetzt hat, sondern lieber mit dem Eurofighter fliegt, wird Airbus-Präsident. Was die Beschäftigten von diesem Sanierer zu erwarten haben und Airbus davon als Folge, ist abzusehen: neue überflüssige Querelen.
16./17. Juli 2007