Ein Artikel, vom 26. August 2007. Update vom 16. Mai 2009
Die Links sind außer (17) und (18) nicht aktualisiert. Helf Er sich!
52 Jahre nach dem Erscheinen des wunderbaren 780 Seiten umfassenden Buches von Prof. Hellmut Ritter veranlaßt mich eine Auseinandersetzung mit den von der TAZ und sonst woher der WELT zugelaufenen Redakteuren über dies&das, die Habilitationsschrift des Navid Kermani Der Schrecken Gottes. Attar, Hiob und die metaphysische Revolte und das Buch Allah und die Juden von Hans-Peter Raddatz, noch einmal hineinzusehen in das Werk über den Drogisten und Apotheker; es begleitet mich bereits seit 40 Jahren. (1)
Farid Al-Din 'Attar. By Hellmut Ritter. Translated by John O'Kane with
Editorial Assistance of Bernd Radtke, Brill 2003
https://brill.com/view/title/8119?language=en
(17) Bernd Radtke: Über wissenschaftliche Redlichkeit. Zeitschrift der
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Band 159, Heft 1, 2009,
Harrassowitz Verlag, S. 15-22 [nicht mehr online]
Bernd Radtke: Wann haben wir eine echte wissenschaftliche Leistung vor uns? Electronic Journal of Oriental Studies, IX, 2006, No. 12, 1-49
http://www.directoryofscience.com/site/449858 [Beide nicht mehr online!]
http://jinfo.lub.lu.se/jinfo?func=fullRecord&jId=9826&issn=09286802
(18) Eine Replik auf Bernd Radtkes Vorwürfe. Von Navid Kermani,
Köln, September 2007
Die Links sind außer (17) und (18) nicht aktualisiert. Helf Er sich!
52 Jahre nach dem Erscheinen des wunderbaren 780 Seiten umfassenden Buches von Prof. Hellmut Ritter veranlaßt mich eine Auseinandersetzung mit den von der TAZ und sonst woher der WELT zugelaufenen Redakteuren über dies&das, die Habilitationsschrift des Navid Kermani Der Schrecken Gottes. Attar, Hiob und die metaphysische Revolte und das Buch Allah und die Juden von Hans-Peter Raddatz, noch einmal hineinzusehen in das Werk über den Drogisten und Apotheker; es begleitet mich bereits seit 40 Jahren. (1)
Weil mir die 24,90 Euro zu schade sind für ein Werk, das angesehene
Orientalisten lieber nicht rezensieren wollen und es den politischen Freunden
und Bekannten des Navid Kermani überlassen, begnüge ich mich mit der Sichtung
einiger Rezensionen, die auf der Site des Navid Kermani zusammengestellt sind.
(2)
Der Buchtitel und der erste Überblick über die Rezensionen erinnern mich an
das neue, als wissenschaftliche Arbeit ausgegebene Propagandawerk des Tariq
Ramadan In the Footsteps of the Prophet, wenn es auf der Sachbuchbestenliste
von NDR/SZ der Monate Dezember 2005 und März 2006 heißt: In seinem
neuen Buch stellt Navid Kermani eine Frömmigkeit vor, die verstört und
provoziert: Es ist die Frömmigkeit der Heiligen und Narren, die Gott so nahe
sind, daß sie allen Respekt vor ihm verloren haben. Den Grad der geistigen
Verelendung der deutschen MSM sieht man an solchen Bemerkungen und an Ausrufen
wie diesen: "Grandios." Die Welt. "Buchstäblich
grenzsprengend." Frankfurter Rundschau. "Ergreifend."
Literaturen. Navid Kermani - nicht als Schrecken Gottes, aber als der aller
Leute, die sich ihre Vernunft nicht durch religiöses Gesülze von Autoren und
Rezensenten verstellen lassen: Gott ist schön, heißt der Vorgänger des Schreckens.
(3)
Die Rezensenten überschlagen sich vor Begeisterung über das bemerkenswerte
Buch "Der Schrecken Gottes" über die philosophische Frage der
Religion schlechthin, wie etwa Burkhard Müller, der verzückte Rezensent,
in der Süddeutschen Zeitung. Für ihn ist laut Perlentaucher Navid
Kermanis Buch "nicht weniger als ein kompletter Abriss der
Theodizee" - der Rechtfertigung Gottes - "und ihres Gegenteils, des
Haderns mit Gott, durch drei Jahrtausende und zwei Weltteile, das Morgen- und
das Abendland". (4)
Mit der Theodizee hat es auch der Kölner Privatdozent für systematische
Theologie, für Fundamentaltheologie (sic!) Dr. Klaus von Stosch, für die Theologische
Revue der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster: Es
(das Buch) ermutigt dazu, nicht länger die absurde Frage nach der typischen
Theodizee des Islam im Unterschied zur Theodizee des Christentums zu stellen,
sondern Denkbewegungen zu vollziehen, die Wege zu einer praktischen und
authentischen Theodizee weisen, die sich aus den Traditionen aller
monotheistischen Religionen speisen."
(5)
Solches ist einem katholischen Theologen, der in Münster Vorlesungen zum
Thema Verantwortung des Glaubens hält, eine absurde Frage, und er gibt
damit den Löffel ab, um es flockig zu sagen. Was lehrt er die Studenten der
katholischen Theologie? Er setzt den Gott des Judentums und des Christentums
mit dem Allah des Islams gleich. Das ist die Absage an alles, was einem
Christen heilig sein müßte, es ist eine Bankrotterklärung; denn grundsätzlich
haben der Gott der Juden und Christen und der Allah des Islams nichts gemein.
Entsprechend stellt auch keiner der Rezensenten die Frage, ob es sich bei
dem Gott des Fariduddin Attar überhaupt um den islamischen Allah handelt, oder
ob nicht vielmehr Fariduddin Attar als ein im sunnitischen und schiitischen
Sinne Ungläubiger zu bezeichnen ist. Er verfaßt tadkirat ul-auliya,
Heiligenviten von muslimischen Heiligen, den Gottanvertrauten,
wie M.M. Hanel, der Biograph und Apologet des Tariq Ramadan, sie nennt, aber
Stephan Conermann bezeichnet sie treffend als bedeutende Sufis;
Fariduddin Attar hinterläßt diwan und muxtar-name, lyrische
Gedichte, sowie das pandname, ein Moralbüchlein, matnawis,
belehrende und erzählende Werke, die zu den schönsten Blüten der
neupersischen Poesie gehören. Er schreibt Xosrau u Gul, einen
weltlichen Liebes- und Abenteuerroman. Hellmut Ritter schließt daraus, daß
seine Werke letztlich auf hellenistische Vorbilder zurückgehen. Fariduddin
Attar, geboren ca. 1145, gestorben 1220 oder 1229, ist nicht wegen, sondern
trotz des Islams ein großer Schriftsteller und Dichter, der über das
hellenistische Erbe mit Juden und Christen verbunden ist. (6)
Von den vier aus religiösen und mystischen Lehren bestehenden matnawis,
Asrarname, Buch der Geheimnisse, Ilahiname, Gottesbuch, Mantiq
ut-tair, Die Vogelsprache, und Musibatname, Buch der Plage, weisen
die letzten drei, darunter auch das von Navid Kermani behandelte, im Aufbau
eine eigentümliche Abwandlung der indischen Form der Rahmenerzählung mit
eingestreuten Einzelgeschichten auf, wobei die Rahmenerzählung in einer in sich
geschlossenen, märchenhaften oder fantastischen Geschichte besteht ... Die
Perser übernehmen diese Erzählweise aus Indien, aus dem Fürstenspiegel Pançatantra.
Dieses Vorbild reicht bis zu den allseits bekannten Tausendundeinen Nächten.
Die literarische Architektonik des Fariduddin Attar besteht aus Rede, Gegenrede
und abschließender Belehrung. Ein Blick in Platos Dialektik ist hilfreich. (7)
Einen kleinen Schlenker mache ich zur zaban-i hal, der Sprache des
Zustandes, in der, wie Hellmut Ritter sagt, ein lebloses oder doch der
menschlichen Rede sonst nicht mächtiges Wesen beginnt zu sprechen, von sich
selbst zu erzählen und Dinge zu sagen, die nichts anderes sind, als eine
fantastische, poetische Umdeutung und Ausdeutung seiner spezifischen Eigenart
und Situation. Vielleicht gibt dies manchen Lesern, die über mein Schaf
erstaunt sind, eine Erklärung, woher das blökende Tier stammt. Leider reicht es
an die kunstvoll konstruierten Tiere des Mantiq ut-tair nicht heran.
Die Fabel des Mantiq ut-tair stammt aus arabischer Quelle, von
Muhammad Gazzali (gest. 1111) und seinem Bruder Ahmad (gest. 1123). Dazu merkt
Hellmut Ritter an: Die Anschauungen, die in dieser risale zutage treten,
gehen über den Rahmen sehr gemäßigter mystischer Lehren nicht hinaus. ...
Darüber, wo Gott zu finden ist, werden sie belehrt von denen, die den Weg zu
Gott gefunden haben (d.h. wohl durch die Profeten und Gottesmänner). Sie finden
ihn nicht durch Reflexion wie die Helden der filosofischen Robinsonaden, auch
nicht durch mystische Versenkung. Ihr Verhältnis zu Gott ist das des Knechtes
zu seinem Herrn. Hier kennen wir den Islam wieder, wie er bis heute gelehrt
und friedlich oder mit Gewalt verbreitet wird, wie auch hier: Gott verteilt
Gnade und Ungnade so, wie es ihm beliebt. Er wählt zu seinen Freunden, wen er
will. Das ist reine fundamentalistische Lehre, Gott, besser Allah in seinem
Allwalten, bestimmt, wer ihn sucht und wer nicht und damit unselig wird.
Das ist weder der Gott der Juden und Christen noch derjenige der Mystiker;
deren Ziel ist das Aufgehen in Gott, das in Gott Zerfliessen und in ihm
umgewandelt werden. Fariduddin Attar verändert die arabische Vorlage der
Gebrüder Gazzali im unislamischen Sinne, er erweitert den Schluss durch
Hinzufügung des Entwerdungsmotivs und des Motives des Gott in sich selber
Findens. Mit dichterischen Bildern erörtert er das Verhältnis der Schöpfung zu
Gott im Sinne des Pantheismus, womit wir wieder entfernt sind vom Islam.
Johann Wolfgang von Goethe nimmt das auf in seinem Spätwerk West-östlicher
Diwan, unter anderem im Moganni Nameh, Buch des Sängers, in dem
Gedicht Selige Sehnsucht: (8)
Sagt es niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhöhnet,
Das Lebend'ge will ich preisen,
Das nach Flammentod sich sehnet.
In der Liebesnächte Kühlung,
Die dich zeugte, wo du zeugtest,
Überfällt dich fremde Fühlung,
Wenn die stille Kerze leuchtet.
Nicht mehr bleibest du umfangen
In der Finsternis Beschattung,
Und dich reißet neu Verlangen
Auf zu höherer Begattung.
Keine Ferne macht dich schwierig,
Kommst geflogen und gebannt,
Und zuletzt, des Lichts begierig,
Bist du, Schmetterling, verbrannt.
Und solang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.
Weil die Menge gleich verhöhnet,
Das Lebend'ge will ich preisen,
Das nach Flammentod sich sehnet.
In der Liebesnächte Kühlung,
Die dich zeugte, wo du zeugtest,
Überfällt dich fremde Fühlung,
Wenn die stille Kerze leuchtet.
Nicht mehr bleibest du umfangen
In der Finsternis Beschattung,
Und dich reißet neu Verlangen
Auf zu höherer Begattung.
Keine Ferne macht dich schwierig,
Kommst geflogen und gebannt,
Und zuletzt, des Lichts begierig,
Bist du, Schmetterling, verbrannt.
Und solang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.
Wie ein Konvertit wie der selbsternannte schottische Scheich Abdalqadir
Al-Murabit, Guru des Herausgebers der Islamischen Zeitung Abu Bakr
Rieger und seiner Redaktionskonvertiten, von den Murabitun, darauf
kommen kann, den deutschen Dichter in einer posthumen Fatwa zum Muslim
zu küren, bleibt sein Geheimnis. Nicht eine einzige Zeile in Goethes Werken
belegt, unbeschadet der Nutzung einzelner Vokabeln und Versatzstücke aus dem
Fundus des Islam, auch nur von weitem seine Affinität zu dieser Politideologie.
Goethes Kenntnisse des Islam sind aus zweiter Hand, er nutzt unter anderem
Übersetzungen von Friedrich Rückert und vom Freiherrn Joseph von
Hammer-Purgstall. (9)
Das Musibatname ist die Reise der Seele in der mystischen
Meditation. Die Seele ist ein salik-i frikrat, ein Wanderer, der personifizierte
Gedanke des Mystikers. Die Seelenstimmung dieses Wanderers ist die der
inneren Not, Ratlosigkeit, Zwiespältigkeit und Verzweiflung. Der Wanderer
sucht bei von ihm aufgesuchten mythischen, kosmischen und fysischen Wesen
Hilfe, Wegweisung, Erlösung aus seinem quälenden Zustand. Schon diese
Kurzbeschreibung zeigt, daß die Suche des Wanderers nichts mit dem Islam zu tun
hat. Zwar verweisen ihn die Propheten, die er aufsucht, an Mohammed, und dieser
zeigt ihm den rechten Weg, den in die eigene Seele, aber mit dem rechten
Glauben hat das wenig zu tun, ähnlich wie bei Johann Wolfgang von Goethe wird
der Islam zweckentfremdet. Es geht in dem Buch um eine allgemeinere Bitte um
Hilfe aus einem heillosen Zustand.
Die Verbindung des Werkes zur Moderne ist überhaupt nur möglich durch seine Loslösung vom Islam. Er besucht nacheinander die Erzengel, die Thronträger, den Thron, das Throngestell, die Schicksalstafel, das Schreibrohr, Paradies und Hölle, Himmel, Sonne und Mond, die vier Elemente, den Berg, das Meer, die drei Naturreiche, Satan, die Geister, den Menschen, Adam, Noah, Abraham, Mose, David Jesus, Mohammed, Sinnempfindung, Einbildungskraft, Verstand, Herz und Seele. Er benutzt wie im Mantiq ut-tair die zaban-i hal, die Sprache des Zustandes, es ist nicht zaban-i qal, gesprochene Rede: In der gesprochenen Rede wäre das Lüge, aber in der Sprache des Zustandes ist es wahr. Der Mensch trägt das ganze Weltall in sich und ist es selber. In einer Anrede an den "Schmerz" kommt er in eine Lage, wo er weder vorwärts noch rückwärts kann, und er erhebt sich in die Luft. Er enthebt sich zum Engel Gabriel und zu weiteren Engeln, zum Schluß kommt er zu Azra'il, dem Todesengel. Der kann ihm auch nicht helfen: Auf der Schulter den Thron und den Fuß im Leeren. Im Paradies angekommen, lernt er, daß die Mehrzahl der Bewohner des Paradieses die Einfältigen seien ..., während die wahren Frommen es verschmähen, in der Hölle angekommen, sagt diese, sie brenne vor Angst, dass sie selbst einst vergehen werde (wegen Sure 28/88). Auch die Geister können ihm nicht helfen. Der Prophet Mohammed wird einer sein unter vielen von der wandernden Seele aufgesuchten Wesen. Er spricht nicht von Unterwerfung, nicht vom Frieden im Islam, schon gar nicht vom Krieg gegen die Ungläubigen, sondern er sagt: Werde zu nichts in dem Sein Gottes, werde ein Schatten, der in der Sonne verschwindet! Der Weg dazu führt durch dein eigenes Innere. Dort hast du fünf Stationen zurückzulegen: die Sinneswahrnehmung, die Vorstellungskraft, den Verstand, das Herz und die Seele. Wenn du diese fünf Stationen hinter dir hast, dann siehst du dich selbst ohne dich selbst. (10)
Die Verbindung des Werkes zur Moderne ist überhaupt nur möglich durch seine Loslösung vom Islam. Er besucht nacheinander die Erzengel, die Thronträger, den Thron, das Throngestell, die Schicksalstafel, das Schreibrohr, Paradies und Hölle, Himmel, Sonne und Mond, die vier Elemente, den Berg, das Meer, die drei Naturreiche, Satan, die Geister, den Menschen, Adam, Noah, Abraham, Mose, David Jesus, Mohammed, Sinnempfindung, Einbildungskraft, Verstand, Herz und Seele. Er benutzt wie im Mantiq ut-tair die zaban-i hal, die Sprache des Zustandes, es ist nicht zaban-i qal, gesprochene Rede: In der gesprochenen Rede wäre das Lüge, aber in der Sprache des Zustandes ist es wahr. Der Mensch trägt das ganze Weltall in sich und ist es selber. In einer Anrede an den "Schmerz" kommt er in eine Lage, wo er weder vorwärts noch rückwärts kann, und er erhebt sich in die Luft. Er enthebt sich zum Engel Gabriel und zu weiteren Engeln, zum Schluß kommt er zu Azra'il, dem Todesengel. Der kann ihm auch nicht helfen: Auf der Schulter den Thron und den Fuß im Leeren. Im Paradies angekommen, lernt er, daß die Mehrzahl der Bewohner des Paradieses die Einfältigen seien ..., während die wahren Frommen es verschmähen, in der Hölle angekommen, sagt diese, sie brenne vor Angst, dass sie selbst einst vergehen werde (wegen Sure 28/88). Auch die Geister können ihm nicht helfen. Der Prophet Mohammed wird einer sein unter vielen von der wandernden Seele aufgesuchten Wesen. Er spricht nicht von Unterwerfung, nicht vom Frieden im Islam, schon gar nicht vom Krieg gegen die Ungläubigen, sondern er sagt: Werde zu nichts in dem Sein Gottes, werde ein Schatten, der in der Sonne verschwindet! Der Weg dazu führt durch dein eigenes Innere. Dort hast du fünf Stationen zurückzulegen: die Sinneswahrnehmung, die Vorstellungskraft, den Verstand, das Herz und die Seele. Wenn du diese fünf Stationen hinter dir hast, dann siehst du dich selbst ohne dich selbst. (10)
Der Wanderer erkennt nach dem Durchschreiten der fünf Stationen, dass er
selber alles, der Urgrund aller Dinge ist. ... Der Wanderer begreift, dass er
seinen eigenen Wert nicht erkannt hat und besser getan hätte, statt in
die Welt in die eigene Seele zu gehen.
Nun bedarf ich eines Experten, der mir weismachen kann, was dies mit dem
Islam zu tun hat. Nur weil es eben nichts damit zu tun hat, führen Verbindungen
zum Judentum und zum Christentum. Alles, was den Islam essentiell ausmacht, ist
im Werk des Fariduddin Attar nicht vorhanden. Der Dichter ist ein Sufi. Die
Sufis gehören zu keiner Religionsgemeinschaft, erklären allerdings, erst mit
dem Auftreten des Islams habe sich der Sufismus vervollkommnet. Man nennt
solche Äußerung auch Taqiyya. Jede x-beliebige Sufi-Seite zeigt die
Ferne zum sunnitischen und auch zum schiitischen Islam: WAHRES Wissen wird
von Herz zu Herz übertragen. Das ist nicht einfach ein Spruch, sondern
erlebbare Realität. (11)
Das erzähle einer den haßbesessenen Sunniten und Schiiten, die sich von ihren
selbsternannten Führern belehren lassen, wie sie welche Ungläubige umbringen
müssen. Denen ist der Ansatz der Sufis zutiefst verhaßt. Statt Reisen ins
Innere der Seele gibt es dort fünfmal am Tag das Gesicht in den Staub, den
Hintern in die Höh'.
Orientalisten
Der Rezensent Laslo Scholtze kommt auf die Zunft der Orientalisten zu sprechen, die er Islamwissenschaftler nennt. Er meint in der literaturkritik
Nr. 3. War beispielsweise Islamwissenschaft Mitte der neunziger Jahre noch
eine exotisch wie milde Geisteswissenschaft, kann man mit ihr heute in
Regierungs-Think-Tanks Karriere machen. Laslo Scholtze weiß anscheinend nicht, daß Orientalisten, wie die
Islamwissenschaftler früher hießen, schon reichlich Karriere gemacht haben mit
dem Wissen ihres Faches, der angeblich milden Geisteswissenschaft. Die
Phantasie blüht. Wozu sich informieren, wenn man auf fliegenden Teppichen sanft
über der Wirklichkeit schweben kann? Hier also einige als Beispiele, von denen
allein schon St. John Philby und Hellmut Ritter ausreichen könnten, Laslo
Scholtze zu widerlegen: (12, 13)
·
Franz Babinger,
Orientalist, Historiker des osmanischen Reiches, Professor in Berlin und
Bukarest, Autor des Klassikers Mehmet II the Conqueror
·
Ignaz Goldziher,
Orientalist, Historiker, Rechts- und Religionswissenschaftler, Mitarbeiter an
ungarischen und ausländischen jüdischen Zeitschriften
·
Freiherr Joseph von
Hammer-Purgstall, oesterreichischer Orientalist, Diplomat im Orient,
Hofinterpret, Herausgeber der Fundgruben des Orients, Autor des
zehnbändigen Klassikers Geschichte des Osmanischen Reiches, Präsident
der Akademie der Wissenschaften zu Wien
·
Bernard Lewis,
Orientalist, Historiker, Mitarbeiter des Foreign Office
·
St. John Philby, Arabist,
Kolonialoffizier, Geheimdienstagent, Berater des späteren Königs Ibn Saud,
Ornithologe, der mehrere Vögel benennt nach Damen, die er bewundert, einer der
einflußreichsten Männer des Nahen Ostens, zwar nicht so bekannt wie sein Sohn
Kim Philby, aber sehr viel mächtiger
·
Hellmut Ritter,
Orientalist, Dolmetscher für Arabisch, Türkisch und Persisch, Vertreter der
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft in Istanbul, Mitglied der
Sprachkommission zu Transkription und Modernisierung des Osmanischen in
lateinische Schrift (daher die vielen deutschen Umlaute)
·
Friedrich Rückert,
Orientalist, Gymnasiallehrer, Privatgelehrter, Redakteur, Dichter u.a. der von
Gustav Mahler vertonten Kindertotenlieder, Übersetzer, einer der Begründer der
Orientalistik
Inzwischen kann man feststellen, daß die milden Geisteswissenschaften
in der Politik, den MSM, im GIGA, in den Universitäten fröhliche Urständ
feiern. Es gibt keine Orientalisten mehr, sondern Islamwissenschaftler,
Islamologen und andere Prediger des friedlichen Islams. Da fällt es dann nicht
auf, daß der Rezensent Stephan Conermann, vom Bonner Institut für Orient- und
Asienwissenschaften, aus dem Dunstkreis der Annemarie Schimmel, mit einer
Leichtigkeit des Scheins das Buch des Navid Kermani mit dem des Hellmut Ritter
nicht nur vergleicht, sondern behauptet, Navid Kermani käme zu einem schärferen
Bild. Was er dabei über das Musibatname schreibt, mag ich nicht
zitieren, es ist peinlich. Die fortwährenden Vergleiche mit westlichen Denkern,
Thomas von Aquin, Augustinus, Baudelaire, Beckett, Bloch, Büchner, Camus,
Dante, Meister Eckhart, Foucault, Gryphius, Heine, Horkheimer, Jonas,
Kirkegaard, Leibniz, Nietzsche, Pascal und Schopenhauer müssen solange
nichtssagend bleiben, wie nicht das zu vergleichende Werk angemessen definiert
ist. Das liefern weder der Autor noch die Rezensenten. (14)
Dabei käme man schnell dahinter, daß der Islam nichts gemein hat mit den
genannten Geistesgrößen, daß alles in der islamischen Welt Geistreiche und
Niveauvolle dies trotz des Islams ist. Das kennt man auch von der
Architektur, so ist der berühmte Architekt des 15./16. Jahrhunderts Koca Mimar
Sinan Agha Sohn christlicher Griechen, im Alter von 12 Jahren wird er
zwangsweise ins osmanische Heer gesteckt und islamisiert; und selbst die
Moschee in Köln-Ehrenfeld wird heutzutage nicht von einem Muslim gebaut,
sondern nur von diesen und einer netten katholischen Kölner Gemeinde bezahlt.
(15)
26. August 2007
Update
Bernd Radtke, zusammen
mit John O'Kane Herausgeber einer englischen Übersetzung des Fariduddin Attar,
kritisiert die wissenschaftliche Arbeit des Navid Kermani. Der Text ist
inzwischen nicht mehr online; man liest ihn jetzt in Band 159, Heft 1, 2009,
der Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. (16)
Die folgenden Zitate
stammen aus dem Artikel von Bernd Radtke:
Über wissenschaftliche Redlichkeit: (17)
Über wissenschaftliche Redlichkeit: (17)
Das Ergebnis meiner
Untersuchung lautet: Fast das gesamte Material aus dem Musibat-nama und anderer
Literatur, das K. (Navid
Kermani) für seine Darstellung verwendet, findet sich in Ritters Meer der
Seele. Das wird jedoch in keinem Fall angegeben. K.s Übersetzungen folgen fast
immer dem Ritterschen Wortlaut, manchmal gibt es sogar wörtliche
Entsprechungen. K. bringt zudem fast gar nichts, was über die Texte von Meer
der Seele hinausgeht. Zugegeben: K. hatte die persischen Texte selbst vor
Augen, denn er zitiert zumeist korrekt die Seitenzahlen der neueren
Textedition, die Ritter noch nicht benutzen konnte. Ich möchte vermuten, dass
K. sich am Text Ritters orientiert und dann die Stellen im Musibat-nama
aufgesucht hat. Ritters Zitierweise macht das zu einem Kinderspiel, wie ich
selbst feststellen konnte. - Auch alle andere arabische und persische Literatur
wird aufgrund von Sekundärliteratur zitiert, suggeriert wird jedoch die Lektüre
der Quellen selbst.
Übersetzt K. Texte aus
dem Musibat-nama, die sich nicht im Meer der Seele finden, bzw. von mir darin
nicht gefunden werden konnten, so ist die Übersetzung fast immer ungeschickt,
oft fraglich, an vielen Stellen auch unrichtig ...
Das ist erst der Anfang
des Verisses. Bernd Radtke belegt seine Kritik in allen Punkten. Aus Gründen
des Copyrights belasse ich es dabei.
Navid Kermani macht den
Versuch, sich zu rechtfertigen. Jeder blamiert sich, so gut er kann. (18)
16. Mai 2009
Navid Kermani auf meinem Blog
Navid Kermani auf Blog 2 von Gudrun Eussner [sechs Artikel, aus dem Jahr 2009]
„Wenn jemand sich der Propaganda des Islam in den Weg stellt und versucht, den Islam an seinem Vormarsch zu hindern, wird es notwendig, ihn zu zertrümmern und die Erde von seinem Schmutz zu reinigen, damit die Rechtleitung Allahs die Menschen erreicht und damit jeder Mensch in aller Sicherheit seine religiöse Freiheit genießt.“ (Tafsir Ruh al-Bayan, 236)
Navid Kermani auf Blog 2 von Gudrun Eussner [sechs Artikel, aus dem Jahr 2009]
„Wenn jemand sich der Propaganda des Islam in den Weg stellt und versucht, den Islam an seinem Vormarsch zu hindern, wird es notwendig, ihn zu zertrümmern und die Erde von seinem Schmutz zu reinigen, damit die Rechtleitung Allahs die Menschen erreicht und damit jeder Mensch in aller Sicherheit seine religiöse Freiheit genießt.“ (Tafsir Ruh al-Bayan, 236)
Quellen
(1) Reviewed Work(s): Das Meer der Seele. Mensch, Welt und Gott in den Geschichten des Fariduddin Attar by Hellmut Ritter. Author(s) of Review: Hans-Helmhart Kanus-Crede. Die Welt des Islams, New Ser., Vol. 5, Issue 1/2 (1957), pp. 156-157, doi:10.2307/1570290. This article consists of 2 page(s).
http://tinyurl.com/2y4sjw
Navid Kermani: Der Schrecken Gottes. Attar, Hiob und die metaphysische Revolte. Verlag C. H. Beck, München 2005http://tinyurl.com/2y4sjw
Allah und die Juden. Die islamische Renaissance des Antisemitismus. Autor Hans-Peter Raddatz. WJS Verlag, Frühjahr 2007
http://www.wjs-verlag.de/site/reload.html?../buch/Allah-und- die-Juden.html
http://www.wjs-verlag.de/site/reload.html?../buch/Allah-und- die-Juden.html
Hans-Peter Raddatz: Allah und die Juden. Rezension, 27. Juni 2007
http://www.eussner.net/artikel_2007-06-27_14-47-57.html
http://www.eussner.net/artikel_2007-06-27_14-47-57.html
(3) In the Footsteps of the Prophet: Lessons from the Life of Muhammad (Gebundene Ausgabe). Oxford University Press, USA, Februar 2007
http://tinyurl.com/2yp53z
http://tinyurl.com/2yp53z
Navid Kermani.Der Schrecken Gottes
http://www.navidkermani.de/view.php?nid=44
http://www.navidkermani.de/view.php?nid=44
(5) Navid Kermani: Schrecken Gottes. Pressestimmen. Theologische Revue
Nr. 2-2007, Köln, Klaus von Stosch
http://www.navidkermani.de/view.php?nid=98
Nr. 2-2007, Köln, Klaus von Stosch
http://www.navidkermani.de/view.php?nid=98
Theologische Revue
http://egora.uni-muenster.de/fb2/thrv/aktuelles.shtml
http://egora.uni-muenster.de/fb2/thrv/aktuelles.shtml
(6) Muslimische Heilige und Mystiker. Geschichten aus dem Tadhkirat al-Auliya´. Übersetzt von M.M. Hanel, Schweiz 2005
http://www.islamheute.ch/hassan.html
http://www.islamheute.ch/hassan.html
Tariq Ramadan. Viel Feind - viel Ehr. M.M. Hanel, Administrator.
Deutschsprachiges Islam-Forum
http://www.iphpbb.com/board/ftopic-93510334nx17659-47.html
Deutschsprachiges Islam-Forum
http://www.iphpbb.com/board/ftopic-93510334nx17659-47.html
(7) Plato (427 - 347 v. u. Z.). Dialektik. peter möllers philolex
http://www.philolex.de/platon.htm#dia
http://www.philolex.de/platon.htm#dia
(8) Moganni Nameh, Buch des Sängers. Johann Wolfgang von Goethe
(1749 - 1832)
http://www.odysseetheater.com/goethe/texte/gedichte_divan_sa enger.htm
(1749 - 1832)
http://www.odysseetheater.com/goethe/texte/gedichte_divan_sa enger.htm
Das Waqf Al-Andalus. 19. Februar 2004, aktualisiert am 20. August 2017
https://eussner.blogspot.com/2017/08/das-waqf-al-andalus-aktualisierter.html
(10) 88. Und rufe neben Allah nicht einen andern Gott an. Es gibt keinen Gott außer Ihm. Alle Dinge sind vergänglich, bis auf Sein Angesicht. Sein ist die Herrschaft und zu Ihm werdet ihr zurückgebracht werden. Die Erzählung (Al Qasas). Der Koran
https://eussner.blogspot.com/2017/08/das-waqf-al-andalus-aktualisierter.html
(10) 88. Und rufe neben Allah nicht einen andern Gott an. Es gibt keinen Gott außer Ihm. Alle Dinge sind vergänglich, bis auf Sein Angesicht. Sein ist die Herrschaft und zu Ihm werdet ihr zurückgebracht werden. Die Erzählung (Al Qasas). Der Koran
(12) Wenn Gott wütet und schweigt. Von Laslo Scholtze. literaturkritik.de Nr. 3, März 2007
http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=10 456
http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=10 456
Ignaz Goldziher (1850 - 1921). Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Ignaz_Goldziher
http://de.wikipedia.org/wiki/Ignaz_Goldziher
Hammer-Purgstall, Joseph Baron von (1774 - 1856)
http://aeiou.iicm.tugraz.at/aeiou.encyclop.h/h131958.htm
http://aeiou.iicm.tugraz.at/aeiou.encyclop.h/h131958.htm
St. John Philby. Wikipedia
http://en.wikipedia.org/wiki/St._John_Philby
http://en.wikipedia.org/wiki/St._John_Philby
Bernard Lewis (1916 - ). By Martin Kramer
http://www.geocities.com/martinkramerorg/BernardLewis.htm
http://www.geocities.com/martinkramerorg/BernardLewis.htm
Hellmut Ritter (1892 - 1971). Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Hellmut_Ritter
http://de.wikipedia.org/wiki/Hellmut_Ritter
osmanisch/türkisch. Sprache, Schrift, Kalligraphie. Von Uwe Becker
http://tinyurl.com/3ak597
http://tinyurl.com/3ak597
Die türkische Sprachreform. Ein katastrophaler Erfolg. Schrift&Rede,
15. September 2004
http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=95
15. September 2004
http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=95
Friedrich Rückert (1788 - 1866)
http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_R%C3%BCckert
http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_R%C3%BCckert
Friedrich Rückert. Projekt Gutenberg-De
http://gutenberg.spiegel.de/index.php?id=19&autorid=501&cHas h=1
http://gutenberg.spiegel.de/index.php?id=19&autorid=501&cHas h=1
(14) Navid Kermani: Der Schrecken Gottes. Attar, Hiob und die metaphysische Revolte. Rezensiert von Stephan Conermann, sehepunkte Nr. 12,
Ausgabe 6 (2006)
http://www.sehepunkte.de/2006/12/12336.html
Ausgabe 6 (2006)
http://www.sehepunkte.de/2006/12/12336.html
Annemarie Schimmel (07.04.1922 - 26.01.2003). Das Weibliche im Islam.
Ein Kapitel aus Dikigoros´ Webseite. Lügen haben schöne Beine
http://www.geocities.com/films4/schimmel.htm
Ein Kapitel aus Dikigoros´ Webseite. Lügen haben schöne Beine
http://www.geocities.com/films4/schimmel.htm
(15) Sinan (b. Anatolia, Turkey 1489; d. Istanbul, Turkey 1588)
http://www.greatbuildings.com/architects/Sinan.html
http://www.greatbuildings.com/architects/Sinan.html
Sinan
(16) The Ocean of the Soul: Man, the World, and God in the Stories ofFarid Al-Din 'Attar. By Hellmut Ritter. Translated by John O'Kane with
Editorial Assistance of Bernd Radtke, Brill 2003
https://brill.com/view/title/8119?language=en
(17) Bernd Radtke: Über wissenschaftliche Redlichkeit. Zeitschrift der
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Band 159, Heft 1, 2009,
Harrassowitz Verlag, S. 15-22 [nicht mehr online]
Bernd Radtke: Wann haben wir eine echte wissenschaftliche Leistung vor uns? Electronic Journal of Oriental Studies, IX, 2006, No. 12, 1-49
http://www.directoryofscience.com/site/449858 [Beide nicht mehr online!]
http://jinfo.lub.lu.se/jinfo?func=fullRecord&jId=9826&issn=09286802
(18) Eine Replik auf Bernd Radtkes Vorwürfe. Von Navid Kermani,
Köln, September 2007
Siehe auch:
Der Shahid der Sufis und der des Islams. Dokumentation, 27. August 2007
http://www.eussner.net/artikel_2007-08-27_20-16-20.html [Im Orkus des WWW]
http://www.eussner.net/artikel_2007-08-27_20-16-20.html [Im Orkus des WWW]